Verwindung
Einleitung

Eine kurze Begriffsbestimmung
Es geht hier um die geometrische Verdrehung eines Flügels. Die bezeichnet man als Verwindung oder auch Schränkung, oder genauer: geometrische Schränkung. Unter aerodynamischer Schränkung versteht man üblicherweise eine über die Spannweite variierende Profilierung, ein etwas unglücklicher Begriff. Man kann letzteres auch als Profilstrak bezeichnen, obwohl es die Sache auch nicht genau triftt. Deswegen verwende ich lieber das Wort "Verwindung" und eben nicht "Schränkung", denn davon gibt es nur eine Sorte und damit weniger Mißverständnisse. Gut. Jetzt kommen wir zu den wirklich interessanten Dingen, nämlich was sie bewirkt und was man mit ihr so anstellen kann und das nicht nur bei Nurflügeln...

Ich sehe ein, daß der folgende Text sehr lang ist. Deshalb schlage ich vor, daß wir uns erstmal kurz ansehen, ob das was für Dich sein könnte. Falls nicht, kannst Du Dich ruhigen Gewissens anderen Dingen widmen, wie den Flügeln Deines nächsten Speedmodells.

 

Könnte Verwindung etwas für mich sein?

Zur Feststellung der Zuordnung bitte genau durchlesen, danach weißt Du, was Du bist! Die Kategorien von Modellfliegern habe ich durchnumeriert, nicht als Rangfolge mißverstehen.

1. Der Wettbewerbsflieger (F3J, F3K)
Verwindung ist was für Versager, die ihr Modell nicht beherrschen. Unbedingt meiden, selbst wenn man F3J fliegt, es könnte mehr Leistung bringen. Wie stehen die Wölbklappen und Querruder im Langsamflug zueinander? Ihr seid eigentlich aerodynamische Gelegenheits-Schränker und Verwinder, deswegen geht das ohne Verwindung in Ordnung.
HLGler sind F3K Piloten. Bei denen bringt es am meisten, weil es keine andere Klasse gibt, die keine Klappen im Flügel haben (classic) und ständig mit viel Auftrieb und zu breiten Außenflügeln und dann noch ständig im Kreisflug unterwegs sind. Sagt es ihnen nicht! Es gibt niemanden, der mehr davon profitieren würde!!!

2. Der Speedflieger (F3F, F5B, F5D,...)
Meidet die Verwindung, ihr tut gut daran, denn sie bremst etwas und belastet im Schnellflug die Flügel unnötig. Du bist ein aerodynamischer Schränker? Dann gehörst Du sicher NICHT in diese Kategorie! Warum? Schonmal über FLügelflattern nachgedacht??? Dickenänderer sind ausnahmsweise wegen des geringen Einflusses keine aerodynamischen Schränker, wir wollen ja nicht übertreiben.

3. Der Freizeitflieger
Baut Verwindung rein, es hilft wirklich und das Modell hat mehr Leistung und fliegt sich besser. Ab jetzt leben die Modelle länger und fliegen sich besser. Wir lachen am Hang über die anderen Kategorien und freuen uns über jeden abgestürzten Hanghobel, über dem wir 3 Ehrenrunden drehen dürfen, zu Recht wohlgemerkt, da dieser Modellflieger offensichtlich zur Kategorie 4 gehört.
Wir haben von allen anwesenden meistens den größten Flugspaß, weil wir ein F3J Modell, ein F3B Modell, ein Speedmodell, einen HLG und einen Großsegler unser eigen nennen und nicht meinen, bei Schwachwind den Hanghobel einsetzen zu müssen.

4. Freizeitflieger, die sich für Speedflieger halten
So, das sind etwa 98,8% aller Modellflieger, ich zähle mich auch dazu, seit ich nicht mehr zur F3J Kategorie gehöre. Falls Du Dich bisher zu den beiden ersten Kategorien gezählt hast, würde ich das nochmal ganz schnell überprüfen! Verwindung ist nichts, was Dich umbringt, Du gehörst im Grunde Deines Herzens zu Kategorie 3, aber das geben wir nicht so gerne zu und wenn doch, nur bei Kerzenschein und Vollmond, wenn niemand dabei ist.

5. Aerodynamische Schränker
Sorry, ihr seid eigentlich auch Verwinder, ihr wißt es zum Glück meist nur nicht. Schonmal auf den alpha0 geschaut??? Gut, es gibt Dinge, mit denen beschäftigt man sich einfach nicht. Tut es ruhig weiter, meistens macht ihr es richtig und wenn nicht, merkt ihr das meistens auch nicht, manchmal ist die Aerodynamik einfach zu gutmütig.

 

So, hoffentlich weiß jetzt jeder, was für ein Typ er/sie ist.
Es sollte klar sein: Quadroflap-, Kunstflug- und Speedmodelle fliegen sinnvollerweise ohne Verwindung. In einem Spezialbereich wie F3J könnte sie trotzdem Sinn machen, um das Handling im Kurvenflug z.B. zu verbessern. Das ganze hat also durchaus einen ernst gemeinten Hintergrund, den ihr jetzt hoffentlich soweit verstanden habt, daß die folgende Entscheidung leichter fällt, weil Dich das die nächsten 10 Minuten Deines Lebens kosten könnte:

Das ist was für mich und ich will mehr darüber wissen,
was und vor allem wo das was bringt!

 

© Hartmut Siegmann 2000