Torquemax
wen hat's noch nicht gepackt ?

LRK350-20-15w

von Jochen und Peter, Aug.2001

 

 

 

In Elektromodell 4/2000 hat Ludwig Retzbach eine fantastische Idee von P.Zielinski und K.Schoepp aus Breslau vorgestellt: einen Selbstbaumotor, den jeder versierte Bastler nachbauen kann. Die Resonanz der Leser auf diesen Artikel war enorm und inzwischen sind unzählige vom "LRK-Virus" befallen. Entsprechend viele Nachbauten in unterschiedlichsten Variationen sind daraus entstanden. In den Berichten in Elektromodell 1/2001 2/2001 und 3/2001 ging's dann weiter mit mehr Hintergrund-Informationen, Tipps und Veränderungen. Ausserdem werden seit geraumer Zeit sehr ausführliche Seiten im Internet veröffentlicht .

Es gibt ständig rege Diskussion über den Torquemax bei rconline . Wenn man ins Torquemax-Geschäft einsteigen will, sollte man diese Links kennen.

Es war also nur eine Frage der Zeit, bis ich mir die Frage stellte :

"Wann baue ich mir einen starken 300-500W Motor für meinen E-Segler ?"

Motivation

Natürlich kann man heute für viel Geld fast alles kaufen und auch Brushless-Aussenläufer gibt's bei Actro und Plettenberg. Doch der Gedanke an einen Eigenbau-Motor, der sich genau auf meine Bedürfnisse abstimmen lässt, ist ein von mir schon lange gehegter Traum. Ausserdem noch von den kreischenden Getrieben wegzukommen und trotzdem Luftschrauben der Größe 14-17 Zoll direkt anzutreiben - Wow !

Konstruktion

Vor genau 3 Wochen sprach ich meinen Freund und Modellflieger Jochen darauf an, gab ihm alle darüber erschienen Artikel und Internet-Links. Schon einen Tag später war der Beschluss gefast: Wir entwerfen und bauen unseren eigenen Torquemax. Er soll stabil und alltagstauglich sein, souverän 350W umsetzen (kurzeitig 600W) und das Wichtigste für Jochen: er soll im Rumpf Platz finden, damit die Optik seiner Semi-Scale Modelle nichts einbüsst. Die Standard-Front-Bauweise schied damit von vorn herein aus. Da sich die Magnetglocke hinter dem Motorspant drehen soll, muss die Antriebswelle durch den Statorblock gehen. Um den harten Alltagsbelastungen zu trotzen wurde die Welle auf 5mm dimensioniert (gehärteter Zylinderstift), und der Abstand der beiden Kugellager maximiert, ohne die Gesamtbaulänge zu vergrössern. Dies ist beim Original-Torquemax nur unbefriedigend zu lösen - geringer Lagerabstand bedeutet höhere Belastung der Lager (Lebensdauer) und mehr Spiel zwischen Glocke und Stator (Vibrationen). Die Dimensionierung der Kugellager sollte bei uns stabiler ausfallen, auch wenn das mit Mehrgewicht von ca. 8g bezahlt werden muss. Da das hintere Lager im Betrieb die Zugkräfte der Luftschraube aufzunehmen hat, wurde es größer gewählt (16x5x5) als das Vordere (11x5x4). Eine weitere wichtige Eigenschaft stand auf dem Wunschzettel: Der Motor soll einfach in alle Einzelteile zerlegbar sein, um jederzeit Änderungen an der Konstruktion vornehmen zu können und bei Reparaturen nur die beschädigten Teile austauschen zu müssen. Nur die Magnete werden in den Rückschlussring eingeklebt. So entstand das Design des verschraubten Stators, durch den die Antriebsachse nach vorne geht. Da die Luftschraube die Achse nach vorne zieht, also die Glocke noch mehr über den Stator schiebt, entsteht keine Notwendigkeit, die Welle in der axialen Richtung zu fixieren. Keine Angst, sie kann nach hinten nicht herausrutschen, dafür sind die Magnete aus den seltenen Erden viel zu stark. Es bedarf schon einiger Kraft die Glocke vom Stator zu ziehen. Durch unsere Bauweise mit der Hinter-Spant-Montage ergab sich - offen gesagt zufällig - ein weiterer Vorteil. Sollte der E-Segler beim Landen oder beim Transport einen Schlag auf die Nase bekommen, schiebt sich die Glocke wie gefedert nach hinten, bis der LS-Aufnehmer auf den Spant trifft und die Kraft aufnimmt. Der Motor bleibt ohne Schaden.

Vorne kam noch ein Schild zum Schutz der Anschlüsse und Wicklung hinzu :

Schnittbild

Fertigstellung

Die Herstellung dieser wunderschönen Teile war eine Meisterleistung, wie jeder es hier sehen kann. Wir haben täglich noch kleine Details verändert, um die Balance zwischen Gewicht und Robustheit zu wahren. Es war keine leichte Aufgabe. Trotz der starken Kugellager und einiger Teile mehr haben wir doch ein Gewicht von 185 g vor der Bewicklung erreicht. Für ein Motor der 500W Klasse kein schlechter Wert. Eine Gewichtstabelle ist hier. Abmessungen hier.

Hier einige Fotos vor dem Bewickeln:


Nach dem Bewickeln mit diesem Schema:
   Bis zu diesem Moment war ich eher ein Zuschauer und Berater. Aber jetzt kam der Job für den Elektriker! Die Berechnung der nötigen Windungen stand an. Nach einigen Überlegungen entschied ich mich für einen, um ca 10-20% langsamer drehenden Motor. Ich wollte unbedingt die Ziel-Luftschrauben, aber auch übergrosse Luftschrauben ausprobieren. Dem LRK als Aussenläufer wird doch ein Durchzug von niedrigen bis zum hohen Umdrehungen nachgesagt. Da ich auch den schnell drehenden 2-pol Innenläufer AVEOX1010/2w mit 4.4:1 an 14x9 LS und einen schnellen 2-pol MAXON Innenläufer mit Getriebe 14:1 an Aeronaut 18x11 betreibe (Dauerflug), wollte ich sehen, ob ein zu langsam drehender LRK nicht besser sein kann als die kommerziellen Produkte. Der Vorteil des Torquemax: er arbeitet ohne Getriebe, deren 8-15% Verluste entfallen also!

BL-Controller

Für den schönen Motor kam dann nur ein Controller in Frage: der SPEEDY-BL von Jo Aichinger , der von der Firma Megra als Bausatz vetrieben wird. Warum? Ich wollte unbedingt die schöne Schaltung ausprobieren, aber auch die "Vorzündung" des Motors fein einstellen können. Über den Controller berichte ich hier. Drei andere käufliche BL-Controller dürfen auch den Torquemax antreiben. Danke an Sebastian für die Leihgabe.

Hier nun das endgültige Gespann: LRK350-20-15 (schon der Zweite) mit dem Speedy-BL.


Torquemax Messungen

Das schöne an der ganzen Sache ist, daß man doch ziemlich einfach so einen Motor vermessen kann. Zwar werden wir demnächst auch das Drehmoment und somit auch die mechanische Leistung messen können (Meßstand mit 14bit AD-Wandlern und einen DataLogger), aber nach dem Bewickeln machte ich den ganzen Tag Messungen in allen möglichen Variationen an insgesamt 6 Luftschrauben. Die Firma Aeronaut liefert für die Luftschrauben sogar die 100W-Kennzahl, so dass einige Effektivitätsberechnungen durchgeführt werden konnten.

Ich maß die Spannung mit einem 0.1% Voltmeter, Strom über ein 2.5mOhm Shunt (4-Punkt-Messung) und die Drehzahl indirekt über die Frequenz der MOSFET-Gate-Ansteuerung. Der Vorteil dieser Methode ist, daß ich rpm (rounds per minute) bis hinter dem Komma messen kann, also nicht auf die Auflösung von 100 der üblichen optischen Drehzahlmesser angewiesen bin. Da die Drehzahl der LS mit der dritten Potenz in die Leistungberechnung eingeht ist eine 0.1% Genauigkeit angeraten (und auch leicht zu erfüllen, da die Frequenz von 400 Hz mit 0.4 Hz Genauigkeit leicht gemessen werden kann).

Die aufwendigen Messungen würden hier den Rahmen sprengen. Es wurden für jede Luftschraube bis zu 8 Arbeitspunkte vermessen und die spezifische Drehzahl/Volt für jede Last berechnet. Daraus ergibt sich auch die Neigung der ns-Linie, der sogenannte kns-Wert. Dieser Wert besagt wie "steif" ein Motor in der Drehzahl ist. Das Ergebniss:

ns=480/V bei 25 bis 30A, ca 300W

Dem Motor machte es nichts aus, daß ich ihn manchmal minutenlang bei 300W in der oben gezeigten Halterung, ohne viel Kühlluft drehen ließ. Er blieb viel kühler als der Ultra 1310-10 bei ähnlichen Torturen. Ein Test bei 500W findet auf dem Meßstand statt. Die ganze Messung wurde nur mit einem Ziel durchgeführt, die Windungszahl für die zwei endgültigen Motoren zu bestimmen. Diese sollen bei 8 und 10 Zellen eine Aeronaut 14x8 oder 14x9 bei 300W antreiben. Das Resultat ist : 11 bzw. 13 Windungen.

 

Hier ein Beispiel aus dem Excel


Hier ist die Excel Arbeitsmappe mit allen Tabellen und 9 Diagrammen hinterlegt. Es wurde auch die Vorzündungeinstellung variiert und der Einfluss auf die Leistung des Motors vermessen. Auch der Freilauf des Controllers im Teillast Bereich von 40% wurde beurteilt. Führt man den Mauszeiger über die Zellen, die rechts oben ein kleines rotes Eck haben, erscheint ein Fenster mit Kommentaren und Erklärungen zur jeweiligen Zelle. Hier ist ein Program zur Auswahl der CAMcarbon LS.

 

Standschub

Der Standschub wurde in der ASW24, ausgestatett mit dem LRK350-20-13, gemessen. Die LS war eine Aeronaut CAMCarbon 15x8. Der Akku 10 Zellen 2400mAh. Diagramme und Tabelle hier.

 

Was folgt ?

Wir haben vor noch weitere Motoren dieses Types zu bauen. Die Konstruktion ist noch lange nicht abgeschlossen und die praktischen Erprobungen werden weitere Verbesserungen erfordern. Am Ende steht bestimmt ein brauchbares Design, das wir bei ausreichender Nachfrage eventuell auch als Baukasten anbieten könnten.

Wer sind wir ?
 

 Jochen hat vor vielen Jahren Feinwerktechnik an der FH Esslingen studiert und arbeitet hauptberuflich als Konstrukteur an der Entwicklung von IC-Testern. Er hat, trotz einiger Pausen, schon über 20 Jahre Modellbau-
Erfahrung und in früheren Zeiten auch Viertakt-Modellmotoren konstruiert, entwickelt und gebaut
. Inzwischen ist er vernünftig geworden und betreibt nur noch Segelflug und Elekroflug.

Das CAD System ist seine zweite Heimat - egal ob in 2D oder 3D. Aber auch die Arbeit an der Dreh- oder Fräsmaschine lässt die Nächte manchmal kurz werden.

   Peter arbeitet in der gleichen Firma, aber in einer anderen Division. Er entwickelt seit fast 20 Jahren Meßgeräte für die Medizin, chemische Analityk, Weltraumforschung und zuletzt für die optische Internet-Kommunikation. Er hat für Max-Plack-Institut, NASA (Jupiter Sonde "Galileo"), Hewlett-Packard Labs in Kalifonien etc. gearbeitet. Am wohlsten fühlt sich Peter, wenn es was zu messen, zu rechnen und zu entwickeln gibt, wenn er nicht gerade auf dem Flugfeld wieder einen Superbart erwischt hat. Ausgiebig Fahrrad fahren (100km), gehören genauso zu seiner Beschäftigung, wie LRK vermessen und weiterentwickeln.


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