Dieses ist die mittlerweile legendäre »Ur-Spariane V1«, das Modell, über das ich damals einen Artikel in der FMT 7/92 veröffentlicht habe. Der Name setzt sich aus der modelltypischen Sparbauweise - ich war damals als Schüler sehr klamm - und dem technologischen Anspruch zusammen, ein ironischer Seitenhieb auf die »Ariane« des gleichnamigen Teams. Das Modell fiel mir nicht wie üblich in der Badewanne ein, sondern bei einer Grippe, als gerade draußen Bombenwetter war und weder mein Kontostand, noch der Inhalt meines Sparschweins einen Anlass zur Freude gab.
Mit diesem Modell flogen wir vor allem an der Nordsee (1-5Bft) und auch auf diversen Wettbewerben abends beim Sunset-Fliegen. Diese Maschine habe ich einige Male als Bausatz verkauft, aber mit 1450mm Spannweite. Überall, wo wir geflogen sind, haben wir Aufsehen erregt, es war eine großartige Zeit. Der Nurflügel-Underground war noch ein solcher, aber es begann bereits zu brodeln und kam in den Fokus der Öffentlichkeit.
Dieses Modell flog zu der Zeit in vielen unterschiedlichen Varianten, eine sogar bei einem Entwicklungshelfer in Afrika! Das Modell war auch ohne das Internet weltweit verbreitet, ein wirklich schöner Erfolg. Inzwischen ist das längst Geschichte, die »Spariane« hat längst alle fünf Kontinente erobert und ist bis heute das am häufigsten nachgebaute Design von mir. Das Erfolgsrezept ist einfach: »Keep it simple!»: Alles weglassen, was man nicht unbedingt zum Fliegen braucht.
In der Thermik machte dieses Modell eine ganz gute Figur, aber die Domäne ist ganz klar der Hangflug an engen, gefährlichen und unübersichtlichen Locations. "Geht es?" fragt man sich nicht vor dem Start, sondern schmeißt das Modell einfach raus. Danach weiß man, ob es geht. Falls nicht: Dieses Modell rotzt man einfach irgendwo in die Botanik. Dank Styropor gibt es keinen Flurschaden.
Die »Spariane Legende« mit dem Profil HS 3,4/12,0 (HS-4) ist in der Thermik sicher etwas besser gewesen, aber von den Allround-Eigenschaften war die V1 eindeutig überlegen. Das dürfte auch der Hauptgrund für die weite Verbreitung gewesen sein: Simpel, breiter Einsatzbereich, unverwüstlich und immer mit dabei!
Dieses Modell war der Anfang einer ganzen erfolgreichen Nurflügel-Generation von mir. Interessanterweise ist das Modell ohne Kenntnis der »CEOZWO« Entwicklung entstanden, ich kam aber aufgrund meiner vorherigen Versuche zu demselben Auslegungstyp, ohne mir allerdings darüber bewusst zu sein, welche Konsequenzen das im Detail hatte. Ich kannte damals nur den »JIT 1«, »Pirx« und die »Bürste« (gekürzter JIT 1) von Hans-Jürgen Unverferth.
Da mir kein entsprechendes Profil zur Verfügung stand, das meiner Vorstellung entsprach (3% Wölbung, cm0=0), habe ich das HS 3,0/9,0 speziell für dieses Modell entwickelt. Es entstand aus einem nur 200mm tiefen Entwurf, daher auch die ungenauen Koordinaten der FMT Veröffentlichung. Inzwischen habe ich das Profil geglättet und die Koordinaten stehen als HS-3 zur Verfügung. Details zur Entwicklung des Profils habe ich in der Profildatenbank näher erläutert.
Die Auslegung der »Spariane« in der Kurzfassung: Gepfeilter Schwanzloser, cm0=0 Auslegung mit HS 3,0/9,0 (HS-3), elliptische Auftriebsverteilung, Rechteckflügel mit mäßiger Verwindung (4mm = 1,15°), geschätztes Auslegungs-ca = 0,1. Die Verwindung könnte auch auf rund 2° erhöht werden. Das Profil HS 3,0/9,0 kann man beibehalten oder durch das HS-522 ersetzen, um das beste Gleiten und den Speedflug zu verbessern. Für reinen Hangflug würde ich das HS-522 empfehlen, dann wird der Außenloop enger. Eine wichtige Änderung bei einem Nachbau, es sollten -1.5 bis -3.0° V-Form verwendet werden, nicht die 0°.
Insgesamt war dieses Modell angesichts der erst später in der Masse entdeckten offenen Styroporbauweise (EPS, EPP, etc.) eine Art früher Vorreiter. So war bei mir der Rumpf schon damals mit Depronplatten aufgebaut, eine sehr crashfreundliche Verpackung für meinen damaligen Empfänger »Mini 7» (35 Mhz, PPM) der Fa. Multiplex. Die Rumpfnase aus Styropor hat sich sehr gut bewährt, aber auch ziemlich gelitten, bis wir den Zusammenhang zwischen Verwindung und Abrissproblemen richtig verstanden hatten und entsprechend zu korrigieren wussten.
Lediglich der 2mm Balsasteg als Holm erlag diesen Untersuchungen, deshalb kam die Verstärkung aus 3mm mit Kiefer bei den nächsten «Spariane» zum Einsatz. Die Diagonalabspanner an den Ruderklappen aus 50mm Packtape zur Erhöhung der Torsionssteifigkeit und Einstellung der Verwindung feierten an diesem Modell die Premiere und sind der Trick der betapten Spariane. Ein Kohleholm wäre sicher eine sinnvolle Sache, kombiniert mit einem Steg aus Kohleschlauch mit quadratischem Querschnitt. Das wäre dann die ultimative Lösung, den Holm betreffend. Muss man aber nicht, es geht auch so.
Flügel: Baustyropor 15-17kg/m³ mit transparentem 50mm Tesafilm bezogen, man braucht anders als bei EPP hierfür keinen Sprühkontaktkleber und kein Strapping-Tape (Bauzeit, Kosten). Ein Holm aus 3er Balsa (40g Brett, grau zäh-hart) mit 10x3mm Kiefernleiste oben soll uns aus Kostengründen im Normalfall genügen. Ein CFK Holm wäre zwar besser, kostet aber das x-fache. Die Flügelverbindung erfolgt über einen 2mm Sperrholzsteg.
Winglets aus Depron haben sich besser bewährt als die aus 3mm Balsa. Der Grund liegt nur in der Flexibilität, die Winglet Größe schnell an neue Wetterbedingungen mit dem Cutter-Messer anpassen zu können, ohne sie vorher abzumontieren. Und wenn man sie mal im Flug verliert, stört der Verlust eines Depron Winglets weniger als ein vergleichsweise aufwändig hergestellter Balsa-Satz mit Druckknöpfen (Combat-Version).
Rumpf: 6mm dicke Depron Platten mit EPP-Formklotz nach vorne zum Abfedern von Crashs haben sich bewährt. Bei heutigem RC-Equipment würde man den Rumpf schmaler bauen, als es damals mit 4x Mignon 500mAh NiCd Akku und 35 Mhz Empfänger möglich war. Die 4mm Nylonschraube ist etwas für Optimisten, alle anderen Versionen hatten nur gesteckte oder darunter getapte Rümpfe. Der Rumpf ist Protektor, Griff und Landekufe zugleich, Lektion vom Æ-1 »Brettchen« gelernt. Das Weglassen wirkt nur lebenszeitverkürzend für den Tragflügel, wie man an den Falten vorne an der Pfeilnase gut erkennen kann. Das hier ist kein teures EPP, sondern billigstes Baumarktstyropor.
Aufgrund des braunen Tesa-Pack® Klebebands ist die V1 unverkennbar, siehe auch Fotos im FMT-Artikel. Es ist die einzige »Spariane«, die ich mit dem braunen Tape gebaut habe, alle anderen verwenden das gelblich durchsichtige 50mm Tesa®, welches gerade vom Markt genommen wurde. Ob sich das neue glasklare Tape ebenso gut eignet, weiß ich nicht. Die farbigen Tapes, die aus dem EPP Bereich bekannt sind, sind selbstverständlich gut geeignet, nur verwende ich bei der »Spariane« lieber das alte klare Tape, von dem ich mir sicherheitshalber ein paar Rollen auf Vorrat gekauft habe.
Die Winglets dürfen deutlich kleiner ausfallen, das haben wir ausführlich erprobt. Die V1 fliegt auch ohne Winglets gerade noch stabil genug, um sie kontrolliert landen zu können. Diese großen »Schlappen» nutzt man nur an Tagen, bei denen enge Thermikbärte vorherrschen. Dann stellt man die »Spariane« im Messerflug auf das Winglet und steigt steil in den Bart ein. An normalen Tagen fliegt man Depron Winglets mit 20% weniger Höhe und 50% weniger Fläche, was dem schnellen Streckenflug zugutekommt. Mit dem Cutter findet man schnell heraus, welche Winglet Größe dem eigenen Flugstil eher entgegen kommt. Bei mir sind es die tendenziell etwas größeren, wie man hier gut sehen kann.
Wer sich für den Nachbau dieses Typs interessiert, sollte die »Spariane Competition« als Grundlage verwenden.
Diese Fotos von der »Spariane V1« zeigen, wie viel Spaß wir mit diesem Modell 3 Jahre lang hatten, in denen die V1 im Einsatz war. Die Reparaturfreundlichkeit war überraschend, man musste nur sorgfältig alle Fetzen am Hang einsammeln, um das Puzzle mit 5-Minuten-Epoxydharz wieder zusammenzusetzen. Wenn ein Puzzle-Teil verloren ging, hatte man ein Loch im Flügel, was man einfach mit Tape überspannt hat. Nicht schön, aber selten. Löcher stopfen tut man zu Hause, nicht am Hang. Und dann wurde einfach wieder gestartet!
Der ehrenvolle Fliegertod ist der »Spariane V1« versagt geblieben, wie man sieht, sie hat alle Schandtaten überlebt und war jedes Mal zu reparieren. Insofern ist es ein trauriges Kapitel, nach all den Jahren mit vielen hundert Flugstunden an großartigen Hängen, ein intaktes und flugfähiges Gerät entsorgen zu müssen. Gut, es sind inzwischen mehr als 10 Holmbrüche geworden und dennoch ist die V1 immer noch flugfähig, wenn auch deutlich von Altersfalten gezeichnet, wie man sehen kann. Das Teil ist ein echtes Luftschlachtross, das durch keine Grobheit oder noch so gewagte Flugmanöver umzubringen war. Und so endet die Geschichte der »Spariane V1«.
© Hartmut Siegmann 1989-2015
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