Winglets an SchwanzlosenReden wir mal kurz über Katastrophenfälle: Pfeil+Winglet war so eine Kombination, die noch bis Ende der 80er/Anfang der 90er Angst und Schrecken verbreitete. Probleme allenthalben, aber keine Lösung in Sicht, abgesehen vom vielzitierten Spaten. Ja, auch ich habe einige Rümpfe meiner Schwanzlosen erst nach erheblichen Kämpfen dem Erdreich entreißen können. Gründe waren Highspeedstalls (Vrille als Folge) und Propeller im Hochstart. Damit das niemand mehr erleben muß, hier mein kleiner Ratgeber... Problem: einige Pfeile propellerten (Flugfigur im Hochstart) gelegentlich, wenn auch vergleichsweise selten, das scheinbar mit dem CEOZWO gelöste Problem, war doch noch nicht gelöst, aber ein Anfang war gemacht.
Untersuchungen (HJU und J. Yost) haben gezeigt: Der auslösende Grund für die gefürchteten Propeller ist eine Kopplung einer a-Nickschwingung (Querachse) mit gleichzeitigem Auftreten eines Schiebewinkels um die Hochachse. J. Yost hat das mal nachgerechnet (dynamische Rechnung!), Resultat: Abriß am Fuß eines Winglets. Das wurde auch indirekt durch die NF (Logo, HJU) mit zentralem Seitenleitwerk nachgewiesen, die NIE propellerten, trotz schlechterer Dämpfung. V-Schlepp schien obligatorisch, ich habe es nicht gemacht und flog auch so propfrei (ab 94) mit neuen Winglets. Verhindert schiefes Rausgeben, daher die Idee zum V-Schlepp. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Erfahrung von Siemens/Müller an dem Brett "Niveau", das mit Winglets propellerte, ohne nicht. Bis dato waren Propeller an Brettern trotz geringster Dämpfung um alle Achsen nahezu unbekannt! Allein die Überlegung, daß ein Modell mit geringerer Dämpfung nicht propt, eines mit höherer aber schon (Pfeil), hätte auf das eigentliche Problem hingewiesen, aber nachher ist man immer schlauer! Im Vollrausch nach meinem letzten Propeller mit dem Aeolus (Frustsaufen) kam ich auf die geniale Idee, den Wingletfuß im hinteren Bereich mit einem dünnen Schraubenzieher zu perforieren... Wieso kommt man erst so spät auf die rettenden Ideen? Fazit: Saufen hilft nie, außer manchmal, aber dann richtig, eigentlich erschreckend... Was kann man tun, um diesen Abriß zu verhindern? Daneben gibt es noch ein anderes Konzept, das Martin Hepperle in einem Seminarvortrag auf dem Osnabrücker NF Cup vorgestellt hatte: die Idee dahinter ist eine Entkopplung der Saugspitzen zwischen Winglet und Flügel, um die Abrißgefahr zu bannen, im Detail lest ihr das bitte auf seiner homepage nach. Das Resultat sind nach hinten verschobene Winglets, sicher ein guter Weg, aber sicher auch nicht der allein selig machende. Das Hepperlesche Konzept im Hinterkopf sollten wir die Vorderkante der Winglets 10-30%t nach hinten verlegen, das hat sich so absolut bewährt und ist vielleicht die wichtigste Maßnahme. Zusammen mit einem Brettchenprofil (4-5mm) 0° zur Flugrichtung ist das schon gut. Weiterhin hilft auch ein höheres Auslegungs-cA (=mehr Verwindung), da die Auftriebsbelastung im Wingletfuß vermindert wird. Die Hinterkante nicht mehr als 20° nach hinten pfeilen. Unter 10° verschlechtert sich nach meinen Erfahrungen den Geradeausflug etwas und macht damit mehr Fläche notwendig. Winglets solange verkleinern, bis bei Seitenwind neutraler Geradeausflug erfolgt. Die leistungsfähigsten und zuverlässigsten Winglets sind nach wie vor profilierte in der Auslegung von Christian Behrens und Christian Tollmien: Fuß profiliert mit kleinem Übergangsradius, nahe ca=0 angestellt, Spitze symmetrisch, geringe Pfeilung, ggf. leichte zusätzliche Verwindung im Wingletfußbereich, mäßig zurückversetzte Profilnase. Mittlerweile werden NF sehr erfolgreich mit größerer Streckung als z.B. CO5 geflogen, leicht zugespitzt oder Rechteck. Das setzt aber in jedem Fall Kohlefaser diagonal voraus, sonst klappt der F3B-Hochstart nicht (zu weich). Die Hochstarthöhen sind z.T. besser als bei den konventionellen Modellen (Christian&Christian)! Die Strecken- und Speedperformance hinkt aber ganz klar hinterher. Wingletfläche/höhe Prinzipiell verwende ich meist Winglets, die eine Höhe von rund 10% der Spannweite haben, bei kleinen Modellen eher mehr. Bitte keine Religion draus machen (s.o.)! Winkel Bretter und Winglets Ansonsten gelten für ein gutes Winglet dieselben Reglen wie bei
Pfeilen. Denkt aber bitte auch immer etwas an den V-Formeffekt von Winglets.
Ich hatte mal ein Brett (Feuerstuhl) mit Riesenwinglets, das reagierte
im Langsamflug kaum noch auf die Querruder, trotz Querruder über
die gesamte Spannweite! Ggf. kann da also auch mal wie bei den Pfeilen
negative V-Form helfen. Noch einmal zur Erinnerung und Warnung!
Winglets , die mit voller Tiefe abschließen (auch und besonders
Brettchen) in Verbindung mit einem niedrigem Auslegungs-cA von 0,1 bis
0,3 (vgl. Aeolus), führen GARANTIERT zu Propellern im Hochstart. Schaut Bild 2 als abschreckendes Beispiel an: SO NICHT!!! Die hohe Rückpfeilung
in Zusammenarbeit mit dem Brettchenprofil (4mm) macht die Sache noch schlimmer,
als es eh schon ist. Dieses Modell propellerte mit diesen Winglets durchschnittlich
in jedem 25. Hochstart. Mit den Blasturbulatoren natürlich nicht
mehr, siehe oben. Im Normalflug (Thermik, Hangflug, Speed,...) stellt man mit dieser Wingletauslegung hingegen keine Probleme fest, nur bei ganz schlimmen Auslegungsfehlern kann in einer Speedwende der Highspeedstall lauern. Elektroflieger können sich also auch mit für Hochstartmodelle tödlichen Winglets jahrelang ihres Lebens erfreuen, sie wird nie etwas ereilen, solange man sie nicht an ein Seil hängt! So, jetzt viel Erfolg beim Bau der Winglets, ich baue jetzt erstmal einen Satz topschicker Sichelrandbögen (Tiplets) für meine Chicane Mk.2. Sind jetzt fertig, sehen geil aus. Mal sehen, ob sie so auch arbeiten...
Tiplets vs. Winglets?Sprechen wir über die Leistung: Winglets sind immer schlechter, als wenn ich das entsprechende Flügelstück in die Ebene klappen würde. Fertig. Nein, da gibt es nichts zu diskutieren, die erhöhte Flügelstreckung macht den Unterschied, neben einer anderen Auftriebsverteilung, die es zu korrigieren gilt. Aber da gibt es ja noch sowas wie das Handling?! Die Winglets verändern das Flugverhalten besonders im Kreisflug günstig, weil sie mehr ca am Außenflügel bereitstellen. Wir können also langsamer kreisen, schön. Tiplets helfen uns in der Beziehung zwar auch etwas, aber sie können eben nicht so viel Auftrieb bereitstellen, weil der Abriß bei den kleinen Flügeltiefen nunmal der Feind ist, den es zu besiegen gilt. Also sollte da etwas Verwindung rein, damit reduziert sich aber das ca an der Flügelspitze. Die Auftriebsverteilung ist (über den gesamten cA-Bereich) aber besser als bei den Winglets. Winglets kosten deswegen Leistung, geben uns aber auch ein höheres ca am Außenflügel, wodurch wir etwas langsamer (=enger) kreisen können, was Tiplets eben nicht leisten können, weil ein fieser Strömungsabriß die Folge wäre. Dafür haben Tiplets im Gleitflug Vorteile, spätestens aber im Speedflug. Winglets machen einen Flügel etwas träger im Handling, zappelige Modelle kann man also friedfertiger machen, wenn man sowas dranbaut. So gesehen machen Winglets an versehentlich zu schnell ausgelegten Modellen Sinn. Oder anders gesagt: Einen F3B-Flieger mit Winglets auszustatten, um in F3J besser auszusehen, würde absolut Sinn machen. Die Einbußen im Schnellflug können wir vergessen, wir sind da eh gut unterwegs. Es ist also bei Tageslicht betrachtet sinnvoller, eine F3B-Karre mit Winglets als mit großen Tiplets auszustatten, um F3J tauglicher zu werden! Bei Klassen mit Spannweitenlimit (HLG) sind Winglets immer besser als der Vergleichsflügel ohne, weil sie wie eine höhere Streckung wirken, aber eben nicht 100% ihrer in die Ebene geklappten Spannweite, sondern vielleicht 40-70%, hängt von der Auslegung ab. Hier bringen sie also eindeutig Vorteile. Nebenbei sei nochmals daran erinnert, daß Winglets gleichzeitig einen V-Formeffekt haben, aber das weiß offensichtlich niemand, sonst würden die HLG classic Modelle anders aussehen. Vielleicht ist es auch das minimal trägere Handling (wirklich Gewöhnungssache bzw. eine Frage der VLW-Größe), das das verhindert??? Links
© Hartmut Siegmann 1999-2002
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