Tragflügel in GFK/CFK Positivbauweise

Materialeinsatz

Lagenwinkel Von der Steifigkeit her ist Kohlefaser natürlich um einiges besser als Glasfaser. Für F3J und sonstige Segler im Positivbau mit FVWK Beschichtung ist eine Kombination aus Kohle und Glas am leichtesten: Am Innenflügel eine Lage 93er Kohle +40er Glas als Deckschicht, am Außenflügel reicht Glas (80er+40er). Rumpfbefestigungsbereich am Flügel (egal ob 3 oder 2tlg.) noch mit 160er Kohle lokal verstärken. Das ist das absolute Minimum eines extremen Leichtbaus, weniger würde ich nicht einbauen. Mehr immer, das hängt davon ab, wo und wie man plant zu fliegen.

Diese Flächenlagen werden alle diagonal orientiert. Warum? Nun, der G-Modul, also die Torsionssteifigkeit hängt davon ab, in welchem Winkel das Gewebe orientiert ist, wie man im Bild deutlich erkennt! Die Torsionssteifigkeit wird maximal, wenn man das Gewebe mit +/-45° orientiert. Bei Glasfaser (grün) sieht man deutlich die Verdreifachung der Steifigkeit. Bei der ebenfalls üblichen HT-Kohlefaser ist es fast eine Verzehnfachung!!! Das heißt: Ein Flügel mit +/-45° orientierter 160g/m² Kohlefaser als Decklage ist ohne weiteren Aufwand sicher 2-5mal steifer auf Torsion als dasselbe Gewebe in +/-90° Lage! Die Abminderung gegenüber dem Werkstoffkennwert begründet sich darin, daß noch andere die Torsionsstefigkeit beeinflussende Dinge im Flügel enthalten sind, wodurch sich das nicht ganz so extrem ausprägt.

Problem ist dabei: unter 45° geschnittenes Gewebe verzieht sich tierisch leicht. 20mm Krepptape/Tesatape vor dem Schneiden auf die geplante Schnittkante kleben. Damit ist das Gewebestück vollständig von Tape umsäumt und verzieht sich nur noch wenig beim Arbeiten!!! Alles klar?! So geht das!!! Im Alleingang verarbeite ich so Diagonalzuschnitte bis 1,4m Länge ohne größere Probleme, egal ob 25er Glas oder 160er Kohle.

Die Servos baue ich vor dem Beplanken ein, die Flügel sind also mit allen Anschlüssen usw. komplett fertig. Koordinaten aufschreiben! Wenn der Flügel fertig ist: Löcher für Hebelarme ausschneiden, Strom anschalten... Davor PVA (Trennlack) abwaschen, sonst muß man die Servolöcher abtapen, aber das ist recht egal. PVA ist ein wundervoller Schutz in der Bauphase, deshalb lasse ich es meistens sehr lange drauf. Nur farblosen PVA nehmen, nicht das rote Zeug, das färbt ab, speziell bei weiß ein sehr häßlicher Effekt.

Für einen normalen, aber doch leichten Segler, kann man dann auch komplett auf 160er Kohle und 25er oder 40er Glas +/-45° vertrauen. Das gibt einen ultrasteifen Flügel.

Für ein Modell mit Hang-/Alpentauglichkeit würde ich immer einen klassischen Furnierflügel mit CFK Holm und Kohle-/Glasverstärkungen bauen. Die haben absolut die besten Nehmerqualitäten.

 

Baubeschreibung Oberfläche

Als "Form" für die Herstellung der GFK/CFK Positivflügel Oberflächen verwende ich das 0,8er PVC Rollglas aus dem Baumarkt. Das ist diese etwas steife, glasartig durchsichtige Folie. Das wird mit Wachs und PVA als Trennmittel behandelt. Eben hat mich noch ein heißer Tipp von Hans-Jürgen Unverferth erreicht, was Plattenmaterial angeht: Schaut Euch mal bei Friebe Luftfahrtbedarf nach 0,5mm Astralon® Platten (Polymethylmethacrylat, Acrylglas) um. Das ist ein supergutes Material, leider auch zum entsprechenden Preis, aber in Relation zur Qualität sicherlich angemessen.

Alternativ ist VIVAK® von Bayer zu empfehlen. Windsurfer kennen Mylar und haben es zur Segelreparatur oftmals im Schrank liegen. Damit kann man Handlaunchglider sehr schön laminieren, weil es mit 0,2..0,3mm (und weniger) in sehr dünnen Lagenstärken erhältlich ist. Das Material ergibt zusammen mit Wachs und PVA das wohl insgesamt beste Endergebnis, denn das 0,8er ist etwas zu störrisch und oftmals in der Oberflächenqualität nicht ganz optimal.

Beim R&G System sieht der Trennmittelauftrag so aus: Standardwachs mit Klopapier/Küchenrolle dünn auftragen, gleich aufpolieren. Wenn man das trocknen läßt und dann aufpoliert, bekommt man eine elektrostatische Ausladung, die sich gewaschen hat. Es geht nur darum, einen hauchdünnen Wachsfilm zu haben. Das ganze eine halbe Stunde ablüften lassen. Mit einem Schwamm kann man dann den PVA hauchdünn aufziehen. Die Folie am besten an eine Tür hängen, so hat man garantiert den optimal dünnen Auftrag. Das sollte dann 1-2h trocken, ein guter Grund mal wieder seine Lieblingsserie im Fernsehen anzuschauen.
Darauf kommt der Sprühlack, weil wir ja vorhaben trocken zu laminieren. Ein Flügel mit Lack ist leichter, weil das Schließen der Gewebeporen einen Harzüberschuß benötigt.

Besser keinen Kunstharzlack verwenden, trocknet zu lang und nervt nur, da er relativ weich ist. Polyreuthanlack (Simprop) nehmen einige, ich persönlich mag den nicht so. Ich nehme den billigen Acryllack (z.B.: Rally Spray, DM 6,95 400ml), der reicht völlig. 2K ist schwerer und macht mehr Arbeit (Spritzpistole oder Rollen), daher nehme ich den nur in Negativformen und auch nur manchmal, 2K ist ebenso wie Gelcoat erheblich schwerer, als diese 1K-Lacke aus der Dose.

Bei 0,25er PVC Rollglas zeichnet sich das Baumarktstyropor zusammen mit den kleinen Unebenheiten dieses Lebens gerne ab, sieht nicht so gut aus wie 0,8er, aber dafür liegt die Sache aber auch bei schwachem Vakuum überall gut an. Trotzdem würde ich als Untergrenze für schöne Oberflächen 0,5er PVC bezeichnen. Mit PE habe ich nur an Testsamples Erfahrungen gesammelt und dabei vor allem die, daß mir die Oberfläche nicht gefällt. Für HLGs mit Styrofoam oder ähnlich glatten Schäumen (ohne Poren) ist PE sicher eine der am besten geeigneten Folien, lediglich der Nachteil der Welligkeit bleibt bestehen.

Bei Verwendung von PE-Folie kann man ohne Trennmittel lackieren oder direkt auf die Folie laminieren, weswegen sie auch von den Malern gerne als Unterlage verwendet wird. Insofern hat die PE-Folie schon etwas für sich, keine Frage. Vielleicht probiert mal jemand PVC-Folie mit Teflonspray oder sowas aus, wegen des Arbeitsaufwandes mit Wachs (und ggf. PVA) ist PVC nicht mein Lieblingsmaterial.

Den PVA braucht man natürlich nicht, ein gutes Wachs genügt an sich, aber dann würdest Du lieber Leser, diesen Artikel nicht lesen, weil Du schon Bescheid wüßtest. In dem Fall würdest Du den Wachsauftrag bereits so gut beherrschen, daß ich Dir das empfehlen könnte. Deswegen nimmst Du erstmal PVC mit PVA oder eben PE-Folie...
Oder GVC von LUG mit DCG Wink... So viel zum Thema Abkürzungsfimmel. Biggrin

Für experimentierfreudige Zeitgenossen möchte ich noch auf das Schaumtreibmittel EPS von EMC-Vega hinweisen, was für eine besonders innige Verbindung zwischen Oberfläche und Schaum sorgt. Bei Holz-Sandwich kann ich es nur empfehlen, da habe ich es bereits getestet, der reine Positivtest steht bei mir noch aus. Ich werde an dieser Stelle berichten, wenn ich den Flügel entformt habe.

 

Vakuumtechnik

Urmodell HS40Nachdem ich mich für 0,8er Rollglas entschieden habe wink und mir eine geeignete Innenstruktur (siehe Positivbauweise, Flügelverbinder) überlegt habe, geht es ans Laminieren. Für den Anfang empfehle ich L-286 mit 100:38 bei 18-20°C Raumtemperatur, das läßt einem mehr Raum für Fehler. L-285 ist etwas arg schnell für den Anfang.

Irgendwann ist alles fertig laminiert und muß in den Vakuumsack. Das Bild seht ihr rechts. Die zentrale Absaugung mit den Luftleitern (Teppichstreifen) ist gut zu erkennen. Den PE-Schlauch (Vakuumsack) sollte man am besten mit Vakuumdichtband verschließen. (Bezugsq.) Ja, die Erkenntnis hat bei mir etwas gebraucht, aber das Zeug ist das Geld wirklich wert! Rechts seht ihr, ist der Sack noch mit Tesatape geschlossen, auf der anderen (nicht sichtbaren) Seite mit Silikon. Das ist siffig, nervt und im Zweifelsfall versagt das Vakuum.

Weiter geht's: Die Negativschalen tue ich immer mit in den Sack, das gibt die genauste Verwindung/Profilierung. Es gibt einige Leite, die saugen nur den Flügel selbst ab, das kann man auch tun. Aber da schleichen sich leicht Verzüge ein! Gut, daß diese Leute keine Nurflügel bauen... Im Bild diese schwarzen Blöcke sind die massiven Motorkopfformen zum Beschweren, manchmal liegt das Paket nicht so ganz sauber auf. Die Platte ist perfekt gerade, das ist natürlich Voraussetzung.

Der Nachteil meiner Methode sei auch nicht verschwiegen: es schleichen sich leichter Delaminationen ein! Das betrifft vor allem den Nasenbereich. Aber dafür gibt es beim fertigen Flügel etwas weniger Wellen, weil der Druck durch die Negativhälften gleichmäßiger verteilt wird. Wie immer im Leben gleichen sich Vorteile und Nachteile irgendwie aus... Ich meine für mich, daß die Vorteile meiner Variante (Wellen, Verzugsfreiheit) klar überwiegen, aber das wird der nächste Modellbauer sicher andersherum auslegen.

So, vielleicht noch das wichtigste zuletzt: Wieviel Vakuum denn nun? Das hängt vom Schaum ab, als grobe Anhaltswerte zu verstehen. Der letzte Wert ist als absoluter Minimalwert anzusehen! Der Schaum wird gerade so eben nicht verquetscht! Das ist nicht gut, weil dann die mechanischen Eigenschaften des Schaums hinüber sind, die Poren/Zellstruktur ist dann nicht mehr intakt! Der Flügel ist an dieser Stelle dann weich.

Schaumtyp Raumgewicht Vakuum
PS-15 (Baustyropor, grobkörnig) 13-17kg/m³ -0,05...-0,15bar
PS-20 (Baustyropor, grobkörnig) 17-22kg/m³ -0,10...-0,20bar
PS-30 (ungeeignet! Besser Styrofoam o.ä.) 27-33kg/m³ -0,10...-0,25bar
D-Q-Cell (17), Exporit, V-17,... (sehr feinkörnig) 17-22kg/m³ -0,05...-0,15bar
Styrofoam/Styrodur/Roofmate/... (keine Körner) 26-35kg/m³ -0,25...-0,70bar

Ach ja, wer meint, er müsse das Geld für ein Vakuummeter sparen - falsch gedacht, das rächt sich irgendwann. Natürlich erst beim nächsten 4 oder 5m Segler, dafür dann nachhaltig. Mechanisch Pressen geht wirklich nur bei kleinen Flächen mit Holzbeplankung vernünftig, hier bei der GFK-Bauweise hat das nichts mehr zu suchen!

 

Nasenleiste

Nein, ich will niemandem vorschreiben, wie man sowas tun kann, aber ein oder zwei Tipps sollten mir dazu gestattet sein: Microballons mögen mich ebenso wie Baumwollflocken an dieser Stelle nicht, sie lieben es, mich mit Lunkern (kleinen Bläschen) zur Verzweiflung zu treiben. Talkum geht besser, Aerosil auch, dafür ist beides sehr spröde. Das leichteste ist Gewebe mit Doppelklebeband vorne an die Nase zu kleben und das ist auch noch was für faule. Die Schleifarbeit ist gering, die Fehlermöglichkeiten ersatzweise groß.
Unter Vakuum ist das aber auch nicht mehr so genau, wie es schön wäre, also ist es nicht völlig abwegig, erst die Nase mit (PE-Folie) und dann die Decklage zu laminieren. Die Nase ist dann so exakt, wie die CNC Schneidemaschine. Sicher eine Überlegung wert, hat aber auch erhebliche Nachteile (Stufen am Übergang Nase/Fläche).

Die Methode Nase danach...: Nachträgliches Holz vor dem Bau (nein, ausnahmsweise kein Silikon cool) hasse ich, ich habe meine guten Gründe, die sind vor allem bei dem frühzeitigen Grenzschichtumschlag durch Stetigkeitsprobleme (Kontur) zu suchen. Man kann es aber nehmen, bei leichten Modellen (HLGs) ist das sogar vorteilhaft, bei F3X/F5X dagegen nicht. Polyesterspachtel aus dem Autozubehör gibt es inzwischen auch in "Light", damit bekommt man sehr schöne Nasenleisten hin. Einschlaglöcher bleiben bei dem Material lokal begrenzt, die Oberfläche ist wohl mit die beste, die man produzieren kann. Polyester löst das übliche Kernmateriel auf, also muß etwas GFK dazwischen sein. Das ist meine Lieblingsmethode für nachträglich angebrachte Nasen bei Flügeln in GFK Positivbauweise.

 

Endleiste

Die sollte perfekt sein (messerscharf), es sei denn, ihr habt mal wieder was falsch gemacht... Zu viel Harz gespart? Endleiste mal wieder zu kurz gecuttet? Folge: offene Endleiste. Zu meiner Schande muß ich gestehen, auch mir passiert das hin- und wieder, das sollte mir zu denken geben...

Nein, mit Harz dauert mir das zu lange, solche blöden Fehler zu reparieren. Deswegen Sekundenkleber: Flasche fast horizontal, nur leicht auf den Kopf geneigt halten, daß gerade nichts rausläuft. Dann an der Endleiste langziehen, fertig. Supersaubere Lösung. Nach 5 Minuten (kann schlecht ablüften) ist alles klar. Falls der Spalt zu breit oder Schaum zu sehen ist und man deswegen Epoxi braucht, solltet ihr nochmal Flügel bauen üben...

Und wehe es mailt mich jemand an, wo man Wachs, PVA, Kohlefaser, Epoxi, Vakuumdichtband und all das Zeug bekommen kann, dafür gibt es eine Materialbezugsliste!!!