Northrop B-2A "Spirit" Stealth Bomber
B-2 Design - Stealth dominiert fast alles
Die Stealth Anforderungen dominieren alle anderen Auslegungskriterien,
so daß wir uns kurz vergegenwärtigen, welche Bereiche das betrifft.
RADAR, sichtbare Silhouette, Infrarot, Akustik fallen einem auf Anhieb
ein, schön nach Wellenlänge sortiert... ;-)
RADAR
Wenig Kanten, noch weniger Oberflächen und bitte keine exzessiven
Rundungen, wenn es geht. Die Designer der 30er mit den Riesenpuschen an
den Fliegern und den Monsterkotflügeln an den Autos wären an
diesem Design verzweifelt und hätten vermutlich wenigstens den Bombenschacht
mit exzessiven Rundungen ausgestattet. ;-) Die Fans der Triebwerke sollten
so in den Einläufen verschwinden, daß sie niemals direktes
Tageslicht zu Gesicht bekommen, von der Wartung mal abgesehen.
Was bleibt sonst noch? Ach ja, irgendeine Kante muß de Flieger ja
haben, wo soll sonst die Nasenleiste anfangen? Wenn schon eine Kante sein
muß, sollte der Rest dazu parallel sein. Alles klar, wir wissen
Bescheid. Alle anderen Kanten, Klappen und Öffnungen haben sich diesem
einen Winkel unterzuordnen und das sind 35°. Die Forderung einer möglichst
geringen Oberfläche reduziert zugleich die sichtbare Silhoutte, das
paßt also alles schön zusammen.
Infrared Signature
Jetzt bleibt nur noch zu überlegen, wie der heiße Atem unserer
Triebwerke möglichst unentdeckt bleiben könnte. Möglichst
schnelle Vermischung mit der Umgebungsluft ist schonmal eine gute Idee,
also sollten die Ausläufe noch vor der Endleiste enden. Dadurch ist
die Lage der Triebwerke endgültig festgelegt: Flügeloberseite,
sonst nichts. Man könnte noch irgendeinen Rotz von Chemie in die
Abgase pusten, das dank einer endothermen Reaktion für schnelle Abkühlung
sorgt, aber das ist bisher aus Kostengründen nicht realisiert worden.
Die Flüssigkeit für solche Zwecke wäre XXXsulfid gewesen,
behaupten zumindest verschiedene Quellen.
Acoustic Noise
Wir wollen nicht länger als nötig im Wohnzimmer des Feindes
herumfliegen, also schnell rein und wieder raus ist der richtige Plan.
Acoustic Noise verbietet dummerweise Überschall, so daß wir
am besten einen superkritischen Flügel bauen, der uns schnell, effizient
und leise an unser Ziel bringt. Superkritische Profile haben eine recht
spitze Nase und unsere 4 gierigen Triebwerke saugen die Luft von vorne
an, das bereitet unseren Triebwerksspezialisten mit Sicherheit ein paar
schlaflose Nächte, wir sind zum Glück nur Flugzeugdesigner...
Nutzlast und...?
Nun, Nutzlast muß auch noch transportiert werden und das bedingt
schlichtweg eine gewisse Größe des Flugzeugs. Dazu kommt noch
das Nutzlastvolumen und schon haben wir recht konkrete Größenvorgaben
für das Flugzeug an sich. Jetzt müssen wir das nur noch mit
den eben besprochenen STEALTH Anforderungen kombinieren und schon haben
wir ein fertiges Flugzeug. Schön wäre es, wäre es so einfach...
B-2 Design
Um die genannten Dinge alle unter einen Hut zu bringen, haben sich die
Designer von Northrop einen Nurflügel ausgesucht. Aufgrund dieses
Konzepts ergeben sich noch ein paar weitere Beschränkungen, vor allem
hinsichtlich Flächenbelastung und Momentenhaushalt. Klassische Hochauftriebshilfen
können wir nicht verwenden, das würde weder den Stealthanforderungen,
noch der Momentenproblematik (pitch moment) gerecht. Das engt das Design
noch weiter ein, so daß letztendlich die Geometrie in relativ engen
Grenzen festgelegt ist.
Wenn man alle genannten Faktoren gegeneinander abgewogen hat, liegt
irgendwann der Hauptentwurf auf dem Tisch, das "Original Design".
Nach einem Haufen Untersuchungen entdeckt man verschiedene Schwächen/Probleme
eines solchen Basisentwurfs und überlegt sich, ob nicht ein anderes
Design besser sein könnte und hier genau steigen wir ein.
Dieser späte Design Switch 1984 erzeugte direkte zusätzliche
Projektkosten von 1 Milliarde US-$, ganz abgesehen von der zeitlichen
Verzögerung. Um einen kompletten Project-Schedule über den Haufen
zu werfen, müssen besonders gewichtige Ausschlußkriterien vorliegen
und die beleuchten wir mal kurz.
Laut I. T. Waaland (ehemaliger Chief Designer) lagen folgende Gründe
für diesen Design Switch vor: Zum einen war die Lastverteilung über
die Struktur recht ungünstig und damit das Ermüdungsrisiko (Fatigue)
sehr hoch.
Das kann man sich recht einfach vorstellen, indem man den Steifigkeitssprung
zum Außenflügel betrachtet: Im Final Design ist durch die im
Innenbereich reduzierte Dicke die Steifigkeit reduziert worden. Dadurch
wird der Übergang zum Außenflügel weniger kritisch, weil
der Steifigkeitssprung reduziert wird. Reduzierter Spannungsübergang
heißt reduzierte Ermüdungserscheinungen. Diese Maßnahme
verlagert die 1. Biegeknotenlinie (1. bending mode node line) auf den
Innenflügel und diese verläuft damit nicht mehr durch den problematischen
Außenflügelübergang.
Die Rückverlegung der Einläufe im Zuge dieser Maßnahmen
hatte einen ganz erheblichen Vorteil: Die bisher getrennten Lastwege der
Ober- und Unterseite um die Triebwerkseinläufe herum (!) wurden zusammengeführt,
was wiederum die Ermüdungsproblematik entschärft, weil nun die
Bauhöhen der tragenden Bereiche homogener ineinander übergehen.
Auf deutsch gesagt: Der obere Holmgurt verläuft direkt unterhalb
der Einläufe.
Jetzt kommen wir zum zweiten Punkt: Speziell der schnelle Tiefflug erforderte
diese Strukturänderung, wie sehr komplexe rechnerische Analysen ergaben,
da die Dämpfung auf Böenanregung des Flugzeuges (inklusive GLAS!)
zu gering war! Es wurde also nicht die Strukturantwort auf Anregungen
berechnet, sondern die gesamte Systemantwort inkl. aller Regelkreise!!!!
Also wurde eine komplette aeroelastische Analyse inkl. Berücksichtigung
des GLAS Systems durchgeführt! Zur damaligen Zeit war man gerade
so weit, sich einigermaßen in reiner Aeroelastik von Strukturen
zu versuchen! Die Kampfjets fliegen mit "starren" Rechenmodellen
in ihrem Flugregelungsbereich! Grund ist die hohe Steifigkeit der Zelle,
die diese Annahme zuläßt. Noch heute stellt die reine Aeroelastik
ein extrem komplexes Untersuchungsgebiet da, mit noch sehr vielen offenen
Fragen.
Dieses Problem der Schwingmoden hätte man auch über die Erhöhung
der Flugmasse beheben können, aber die Einführung der inboard
und outboard elevon in der center section schien die effizientere Lösung
zu sein. Vor dem Hintergrund des recht geringen camax eines Nurflügels
ist wegen der Landegeschwindigkeit eine relativ geringe Flächenbelastung
ohnehin notwendig, wodurch einer solchen Maßnahme sehr enge Grenzen
gesetzt sind.
Das Redesign entschärfte also ganz maßgeblich das Ermüdungsproblem
(Fatigue) und verbesserte das Böenverhalten im Tiefflug. Aus Projektsicht
wurde damit ein geringeres Projektrisiko erzielt, denn Ermüdungsprobleme
zählen mit zu den härtesten Entwurfs- bzw. Risikofaktoren eines
solchen Projekts.
Geometrische Daten und Grundriß - eine Quellenfrage!
Bild 2: Die Außenflügelhinterkante
definiert die Länge der B-2
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An dieser Stelle betrachte ich mal kurz den Weg, den ich gegangen bin,
um zu Informationen über die Geometrie der B-2 zu gelangen. Denn:
es gibt nirgendwo zuverlässige Daten, alles beruht auf mehr oder
minder guten Schätzungen. Wenn wir also hier über die Daten
des Originals reden, können wir uns nur im Rahmen dessen bewegen,
was diverse Quellen ermöglichen. Das Foto war für mich jeweils
das maßgebliche Kriterium zur Beurteilung der Güte einer Quelle.
Starten wir also mit Spannweite und Länge...
Gibt man ausgehend von diesen Vorgaben noch die Box vor (Spannweite x
Länge), in die das Design passen muß, sind schon Details wie
Außenflügeltiefe zwangsläufig festgelegt, weil die
Außenflügelspitzen die größte Länge festlegen
und nicht das Mittelteil.
Bereits hier kommen wir zum ersten kleinen Datenproblem: Entweder haben
die Amerikaner zwei verschieden große Paar Füße, was
an sich nicht weiter erstaunlich wäre, oder sie haben etwas Schwierigkeiten
beim Umrechnen der Einheiten. Boshaft, wie ich nunmal bin, unterstelle
ich letzteres... So findet man bei der Internetsuche zwei unterschiedliche
Spannweitenangaben in Metern (52,43m und 52,12m). Wer's nicht glauben
mag: USAF.
Also bleiben wir vorerst bei den ft. Selbst diese Angaben korrelieren
nicht ganz, einige Quellen geben 172,5ft Spannweite vor, der Rest 172,0ft.
Alle Quellen geben dagegen von 69,0ft Länge, 17ft Höhe und rund
5000sqft Fläche an, wobei letzteres ein gerundeter Wert ist und in
Wirklichkeit etwas höher liegen dürfte.
Beginnen wir mit dem Spannweiten/Längenverhältnis. Was fällt
uns auf? 172,5/69,0 ergibt exakt 2,50. Hm, ich weiß nicht warum,
aber irgendwie gefällt mir das sehr gut, wenn ich auch keine Logik
dahinter zu entdecken vermag, vielleicht hat das was mit dem Radarwirkungsquerschnitt
zu tun, aber das kann ich leider nicht sagen. Vielleicht kann das einer
von euch Frequenztechnikern da draußen zu bantworten, aber das nur
am Rande.
Weiter gehts: Gibt man jetzt noch die Symmetrielinie der Triebwerke, die
Flügeltiefe an der Stelle und die Spannweitenstelle zwischen mid
und outboard elevon vor, ist alles andere festgelegt! Die Tiefenverteilung
steht eindeutig, da ist nichts mehr zu rütteln.
Bild 3: Die Mittensektion der B-2 "Spirit". Die Verhältnisse
bei den Einläufen sind gut zu erkennen.
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Als eines der wichtigsten und problematischsten Punkte hat
sich der Einlaufquerschnitt und die Einlaufsbreite herausgestellt. Ganz
grob gesagt ist der Hauptrumpf etwa 2 Einläufe breit (siehe Bild
3). Stimmt nicht ganz, ist aber als erster grober Anhaltswert sicher ganz
geeignet. Damit führen sich wieder einige Quellen ad absurdum, denn
das sieht z.T. zwar B-2 mäßig aus, aber die Einlaufquerschnitte
und -abstände stimmen einfach nicht.
Es bröckelte also mächtig unter den Quellen und so blieb am
Ende nur eine Gewißheit: Einzig Informationen aus hunderten von
Fotos, gegeneinander nach Sichtkanten usw. abgeglichen ergeben ein halbwegs
zuverlässiges Bild über die Verhältnisse.
Im Endeffekt kann man also die Tiefenverteilung auf recht wenige Grunddaten
zusammenfassen, wie wir gesehen haben. Je nach Vertrauenswürdigkeit
der Quelle kann man sich aussuchen, ob man lieber der Rumpflänge
oder die Flügeltiefe im Triebwerksbereich verwendet, der Rest ergibt
sich wie gesagt von selbst. Ich habe alle Verfahren kombiniert, je nach
Güte der Quelle das eine mehr, das andere weniger einfließen
lassen. Absolut zuverlässige Daten sind nicht verfügbar, die
Angaben von Northrop Grumman stimmen auch nicht überein, irgendwo
paßt es nie.
Stealthwinkel
Zu den Datenproblemen gehört natürlich auch der Stealthwinkel
selbst. Oftmals hört man/liest man davon, der sei 33°. Das zu
überprüfen geht ganz schnell, denn Länge und Spannweite
sind ja bekannt. Alles weitere ist die Fortsetzung des Stealthwinkels.
Der oftmals behauptete Nasenwinkel bzw. "Stealthwinkel" von
33° kann hier ganz klar widerlegt werden: Bei 69ft Länge und
172ft Spannweiter kommt keine B-2 raus! Damit werden aber auch die geometrischen
Abhängigkeiten klar, wie sich die Geometrie bereits in weiten Teilen
aus Pfeilwinkel, Spannweite und Länge ergibt. Die Außenflügeltiefe
liegt automatisch fest! Daher ist auch die Frage, ob die Spannweite nun
172,0 oder 172,5ft beträgt von nicht ganz unwesentlicher Bedeutung,
denn das hat eine Änderung der Außenflügeltiefe zur Folge,
weil die Länge mit 69,0ft ja erhalten bleibt.
Der Kantenwinkel wurde auf 35° festgelegt. Das erscheint mir vor
dem Hintergrund der 172,0ft Spannweite passend zu sein und widerspräche
den 172,5ft, zu der ein Kantenwinkel von knapp 35° besser passen würde.
Nun, der wirkliche Winkel wird vermutlich zwischen 35,0° und 34,5°
liegen, genauer kann man das nicht festmachen.
Also: Die Originaldaten leiden an chronischer Unzuverlässigkeit,
gleiches gilt für alle verfügbaren Zeichnungen. Daher ist man
an vielen Stellen auf Vermutungen bzw. Fotoanalysen angewiesen, um dem
originalen Design möglichst nahe zu kommen.
Bleibt mir nur noch an dieser Stelle Reinhold Stadler ganz herzlich für
seine tatkräftige Unterstützung zu danken! Die interessanten
und ergiebigen Diskussionen rund um die B-2 haben die Artikel in dieser
Form erst möglich gemacht! Ein großes Dankeschön! Es hat
wirklich sehr viel Spaß gemacht!!!
© Hartmut Siegmann 2000
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