Dieses Modell hatte ursprünglich den Namen durch einen Speicherfehler in der mc-20 bekommen, T007. Dabei wäre es geblieben, wenn dieses Teil nicht so bestechend illegale Thermikeigenschaften hätte. Daher der neue Name: Aasgeier. Ist irgendwo ein Scheißdreck von Thermikrest, ein lauer Rülpser einer großen Blase, die bereits abgegangen ist, einkreisen und wech... Wölbklappen auf 20-30° und das Modell macht im Kreisradius jeden Weltrekord. Ein Aasgeier im wahrsten Sinne des Wortes, da einmaliger Thermikresteverwerter.
Mit einer der Hauptgründe für das geile Flugverhalten sind die Wölbklappen. Die sind kürzer, als sie für eine selbsttrimmende Wölbklappe sein müßten (wer zu dem Thema mehr wissen will, bitte HS20 lesen). Also geht die Nase hoch, die Kiste würde überziehen. Aha. Im Kreisflug würden wir normalerweise auch ziehen. Kommt da jemand auf die Idee?!? Alles eine Frage des Momentenhaushalts...
Wir haben uns verstanden. Im Kreisflug stehen die Klappen etwa im Strak oder leicht nach oben, aber vergleichsweise wirklich wenig. Im Geradeausflug mit Wölbklappen sind die Höhen-Querruder NACH UNTEN, also positiv ausgeschlagen, um das positive Moment zu kompensieren, wie gesagt, die Wölbklappen haben ein positives Moment. Wir fliegen also ÜBER DIE GESAMTE SPANNWEITE mit abgesenkten Klappen und das bei einem NURFLÜGEL. Schaut Euch mal ein F3B Modell an, wenn die Klappen abgesenkt sind. So ähnlich sieht das bei diesem Modell auch aus, nur außen weniger. Bei dem Modell hier ist der Effekt noch sehr schwach ausgeprägt, bei zunehmender Streckung wird das erheblich besser. Alles, was bis hierher geschrieben steht, ist im wesentlichen eine Frage der Pfeilung, Streckung, Zuspitzung (Z=1) und Klappengeometrie. Sonst nichts.
Das Profil SD7003 hat damit sehr wenig zu tun, außer den 1,46% Wölbung! Die Unterschiede im Momentenverhalten von cm0=0 und cm<0 Profilen bei Klappenausschlägen kann man getrost vernachlässigen. Das ist ab jetzt sehr wichtig, daß ihr das kapiert habt, sonst könnt ihr aus diesem wirklich guten Modellkonzept nicht das für Eure Entwürfe geeignete herausholen.
Weil das Profil SD7003
ein negatives Moment hat. Das Moment ändert sich über den ca
sehr wenig, daher betrachten wir üblicherweise nur das cm0, jeder
Klappenausschlägen ist schlimmer. Gut, deshalb also diese -4°.
Wir handeln uns leider eine leicht glockenverseuchte Auftriebsverteilung
ein, die Hortenjünger werden jetzt sicher eine Runde grinsen. Dank
Ignorierung des "Mitteneffektes", erheblich intelligenterer
Profilierung und Tiefenverteilung ist sie aber nicht annähernd so
glockig wie bei besagten Leuten, jetzt darf ich grinsen, weil bei mir
die Verluste kleiner sind. Dank dieser gewaltigen Verwindung darf man
bei Rückenwindwenden gnadenlos überziehen, ein sanfter Abnicker
folgt und weiter geht's in der Thermik. Abkipper sind unbekannt.
Das RG15 wäre ebenso wie das MH32 eine Variante, aber dann mit höherer
Streckung oder eben -5° Verwindung.
cm0=0 Profile einsetzen und die Verwindung reduzieren. Beim Rückenwindüberzieher wird jetzt ein leichter Abkipper erfolgen (nichts anderes als bei JEDEM Leitwerkler), aber im Schnellflug machen wir so viel gut, daß wir das locker wegstecken. Aber wir bleiben beim geometrischen Gesamtkonzept, mit diesem gewaltigen ca-Bereich. Ein weniger gepfeiltes und/oder geringer gestrecktes Konzept hat zwangsläufig ein kleineres cA-max als wir! Das sollte uns zu denken geben! Pfeilungen niemals über 30° erhöhen, da Tütenwirbel drohen, ca noch größer (vgl. Strakes), cw leider auch...
Gut, so kommt man also zu einem erfolgreichen und intelligenten NF-Konzept. Es macht keinen Sinn dieses Wölbklappenkonzept auf die HS20 ZUM Beispiel übertragen zu wollen, weil die Auftriebsverteilung vor die Hunde geht. Also wirklich nur bei voller Klappenbelegung über die Spannweite anwenden und hier hat es, wie besprochen, einige herausragende Vorteile.
Nein, die Kiste ist absolut nichts für Anfänger
("Wiiiiiiiiiiiiiieeeesoooooooooooooo nicht, wo sie doch so toll gutmütig
ist..."), weil sich das Modell etwas eigenartig fliegt. Der zweite
Grund ist die etwas komplizierte Einstellung der Klappen, die ein sensibles
Händchen erfordert. Wir können zum Beispiel eine QR-Einstellung
erreichen, die kein negatives Wendemoment kennt, wie bei jedem anderen
Quadroflap Modell auch, nur nutzt niemand diese Kniffe, weil sie theoretisch
etwas Leistung kosten könnten (Quatsch natürlich, es gibt viel
schlimmeres, einen runden Rumpfquerschnitt zum Beispiel).
Als kleine Erinnerung: wir können nur in gewissen Grenzen die Querruder
differenzieren, das wirkt nämlich wie ein HR-Ausschlag. Wir begnügen
uns mit einer leichten Differenzierung am QR (10-30% im Thermikflug) und
erledigen den Rest mit der Wölbklappe. Im Speedflug gehen wir wieder
auf 0-5% QR-Differenzierung. Im Thermikflug hat die Differenzierung den
Vorteil, daß wir im Kurvenflug nicht mehr so viel ziehen müssen.
Die allermeisten NF nicken im übrigen bei undifferenziertem Querruderausschlag
ab, ein sehr unangenehmes Verhalten, wie ich finde. Soll heißen:
Die nach unten ausschlagende Klappe erzeugt Im Langsamflug ein größeres
Moment als die nach oben ausschlagende. Die Folge: Das Modell nickt ab.
Meine Modelle fliege ich meist mit 10% Differenzierung, das ist gerade
so eben leichtes "ziehen" beim Eindrehen. 5-10% sorgt bei den
meisten NF für ein neutrales Eindrehen im mittleren bis oberen ca-Bereich.
Die "Schwierigkeit" bei diesem Modell liegt nun darin, daß
nicht nur die Querruder, sondern auch die Wölbklappen im Momentenhaushalt
kräftig mitarbeiten. Bei der HS20
liegt der Fall anders, das Modell ist selbsttrimmend ausgelegt.
Alle vier Klappen bewirken verschiedenes im Momentenhaushalt, da sollte man schon etwas Klappen- und NF-Erfahrung dazu haben. Die Innenklappe wirkt auf die Querachse nämlich anders herum als die Höhenruderklappe, so mal als kleiner Denkanstoß. Trotzdem können wir bei geschickter Programmierung ein nahezu komplett neutrales/konstantes Modellverhalten über den GESAMTEN CA-BEREICH erreichen, und das ausschließlich mit linearen Mischanteilen ohne SWP Verschiebung, ein kleines flugmechanisches Wunder. Ansonsten legt das Modell in der Thermik ein etwas eigenartiges Verhalten an den Tag, es schwimmt und wabert. Das Schwimmen ist, obwohl sehr effizient was das Steigen und Zentrieren anbelangt, ein etwas gewöhnungsbedürftiges Gefühl, das Modell scheint auf der Blase zu liegen, sicher nicht jedermanns Sache..
So,
was kann die Kiste, was ein HLG nicht kann? Sie hat ein schlechteres geringstes
Sinken, das beste Gleiten ist auch schlechter. Ist Thermik da, gibt es
keine Frage, mein Geld würde ich auch gegen einen Highlight auf den
"Aasgeier" (mit 500g allerdings) setzen. Sobald die Thermik
weg ist, stellt sich wieder das gewohnte Bild ein, der NF ist im direkten
Vergleich am Absaufen. Die Thermikumsetzung ist im unteren Höhenbereich
gleich gut, behaupte ich mal, nach oben verliert ein Highlight ganz klar,
da fehlt die Speed-Range und die Effizienz in der Umsetzung (Wölbklappe).
Also muß der Vergleich anders lauten: Ein aktueller Unlimited HLG
mit Wölbklappe zum Beispiel. Der wird vermutlich in allen Belangen
überlegen sein, außer in enger, bodennaher Thermik, da werden
sich die Modelle nichts schenken. Der Unterschied wird in der Zentrierbarkeit
liegen. Das ist bei der Silence das Problem gewesen, das Modell zeigt
Thermik überhaupt nicht an, NULL (Modellbeschreibung demnächst).
Das Design ist mit der HS20 vergelichbar, nur kleiner und 150mm Tiefe.
Will sagen: Ein Modell, das keine Thermik anzeigt ist fürchterlich,
wenn man damit auf Wettbewerben Thermik fliegen will. Der Aasgeier zeigt
Thermik gut an, aber etwas schlechter als normale HLGs.
Die Grenze des mit Tape möglichen ist mit diesem Modell bereits absolut überschritten. Das Modell habe ich in Tapebauweise aufgebaut, daher weiß ich das. Steifigkeits- und Festigkeitsprobleme bestimmen den Alltag. Auch Rippenbauweise macht wenig Sinn, der Flügel würde zu schwer werden. Bleibt nur GFK oder Balsa Positivbauweise mit Styrokern. GFK ist wohl das leichteste. Siehe HS20, da habe ich das im groben erläutert. Die Pfeilung ist einfach zu groß, die Torsionsprobleme zu gewaltig, auch eine sehr leichte Rohrholmvariante scheidet daher aus, mangels Torsionssteifigkeit. Wer das beherzigt, kann sich also wirklich einen Haufen Arbeit sparen. Lediglich eine Kombibauweise (Highlight u.a.) mit Voll-GFK Innenbereich wäre noch möglich, alles andere scheidet wirklich aus.
Im Bild sind die Klappenanschlüsse mit Sperrholz usw. ganz gut zu erkennen, ebenso wie die nachträgliche Kohleverstärkung mit ein paar NF24 Rovings im Mittenbereich. Das was da so nach Landestellung ausschaut ist gar keine, sondern lediglich Langsamflug, wie gesagt, da macht die Maschine jeden Rekord. Die fiesen Farben kommen von einem 400er DIA Film, war ein Experiment, die Abzüge waren aber auch sehr schlecht, da wäre mehr drin gewesen - egal.
Die HQ+QR Klappen stehen etwas nach oben, weil dieses hier ein Flug nahe am Stall ist. Da erkennt man deutlich, wie wenig HR man braucht, um langsam zu werden. Bei der HS20 stünden die Klappen jetzt gut 7-8mm nach oben raus, mal so als Vergleich.
Dieses Design ist damit insgesamt ein guter Allrounder,
wird aber niemals Speedrekorde erfliegen, genausowenig HLG-Wettbewerbe
gewinnen. Das Modell fliegt sich etwas eigenartig, macht aber viel Spaß.
Sollte man das nachbauen? Das Quadroflap Konzept ist wirklich zur Nachahmung
zu empfehlen. Das Modell so nachzubauen würde ich mir aber gut überlegen.
Begründung: Es ist zu schwer, um mit HLGs mithalten zu können.
In dem Spannweitensegment (1,5-2m) wird es immer zu schwer sein, dank
der Pfeilung und Verwindung. Es ist zudem nicht speedfest, das würde
zu lasten des Gewichtes gehen. Also muß dieses Konzept mit mehr
Spannweite realisiert werden, um die wenigen Vorteile, die es besitzt,
überhaupt ausspielen zu können. Mit 2,5-3,5m liegen wir hier
richtig, darüber kommen wir wieder in Bereiche mit Steifigkeitsproblemen.
Wenn man einen netten Urlaubsflieger haben will, spielt das Gewicht nicht
die Rolle, dann machen 850g wirklich Sinn, weil der Geschwindigkeitsbereich
wirklich schön groß ist, bis zum langsamsten Langsamflug. In
dem Fall würde ich das Modell in Balsa/Styro oder GFK/Styro durchaus
empfehlen. Bitte beachten, daß das Modell wegen der Pfeilung in
der Mitte einen sehr ordentlichen Holm benötigt, etwa doppelt so
stark ausgelegt wie bei einem Leitwerkler gleicher Größe. Warum
sollte man sich das dann überhaupt antun? Das muß jeder für
sich allein beantworten...
In hartem Gelände ist es wirklich super, wenn man keine Angst um
den Rumpf haben muß!
© Hartmut Siegmann 1993-2001
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