Die immer wieder aufkommenden Fragen zum Thema Vakuumtechnik haben mich dazu bewogen, hier einmal eine Methode zum Herstellen von Teilen mit minimalem Tränkungsgrad vorzustellen. Wir reden hier über 60-75% Fasergewichtsanteil, im Modellbau sind eher 40-50% Faseranteil typisch. Wenn ein Rumpf innen glänzt, dann liegt man bei 30-40% Faseranteil, um mal eine grobe Relation zu dem anzugeben, was wir hier vorhaben. Das Verfahren beschreibe ich an einem sehr einfachen Bauteil, einer dünnen GFK-Platte mit nur einer Lage Glasgewebe. Wenn man sich das Ergebnis anschaut, erinnert es mehr an eine Folie, als an ein Faserverbundteil. Dennoch ist dieses Verfahren speziell dazu geeignet, superleichte Faserverbundteile unter Einsatz von Vakuum herzustellen.
Beginnen wir mit dem den meisten vermutlich noch unbekannten Material, dem Absaugvlies. Diese Packung hier habe ich bei Lange&Ritter bezogen, wie man unschwer erkennen kann. Es dient nicht dazu, dass es sich mit Harzüberschuss vollsaugen soll, sondern es sorgt dafür, dass sich das Vakuum zwischen den Folien gleichmäßig aufbaut. Ich kann nur dringend dazu raten, solch ein Vlies zu verwenden, speziell wenn man mit nur wenigen Absaugstellen arbeitet. Auch bei mehreren Anschlüssen entsteht oft irgendwo eine Stelle, die einen zu hohen Druck hat. Und zu hoher Druck heißt bei Vakuum zu wenig mechanischer Druck: Delaminationen drohen, weil der Anpressdruck nicht ausreicht. Delaminationen sind sowas wie der Albtraum des Leichtbauers, weil es hier keine Harzseen gibt, die bereitwillig potentiell großflächige Fehlstellen füllen.
Hier sieht man die vorbereiteten Dinge: Auf der 19mm Spanplatte wurde eine 10mm Plexiglasplatte aufgeklebt. Im Anschluss daran habe ich sie mit Trennwachs behandelt und mit 1 Komponenten Sprühlack (Acryl) aus der Dose lackiert. Das ist hier bereits geschehen, die Platte ist 24h getrocknet. Trocknet der Lack zu kurz, riskiert man bei Vakuum Gewebeabdrücke auf der Oberfläche nach dem Entformen.
PE-Folien, Glasgewebe und Absaugvlies werden passend zugeschnitten. Die Rolle Kohlefaser hinten rechts glänzt sehr schön und macht optisch einen hübschen Eindruck, aber wir brauchen sie heute nicht. Rechts erkennt man neben der Schere ein sehr praktisches Utensil, ein Rollmesser von EMC. Das in diesem Fall unter +/-45° zugeschnittene 110g/m² Glasgewebe lässt sich mit einem Rollmesser am schnellsten und präzisesten zuschneiden. Wer über so ein Rollmesser nicht verfügt, klebt das Gewebe vor dem Zuschnitt mit Kreppband ab. Beim Zuschneiden halbiert man das Kreppband, so dass ein geschlossener Rand stehen bleibt. Auf diese Weise lassen sich Verzüge der Gewebestruktur elegant vermeiden.
Der Vakuumanschluss wird mittels Vakuumdichtband R&G verlegt und mit diesem fixiert. Natürlich kann auch Tape (=Klebeband) verwendet werden, was aber später in jedem Fall mit Silikon abzudichten ist. Vakuumdichtband ist hier deutlich eleganter. Allein aus Kostengründen verwenden wir das Vakuumdichtband nicht für die gesamte Abdichtung, denn allein dieses kleine GFK-Panel hat einen Umfang von über 2m. Mit Acryl aus dem Baumarkt fährt man preislich am günstigsten, aber wegen der guten Verarbeitung und der Klebkraft des Vakuumdichtbandes verwende ich es gerne für solche kritischen Punkte wie den Schlauchanschluss. Ein Schlauchanschluss-System mit aufwendigen Adaptern, Anschlüssen usw. kommt nicht zum Einsatz, die Montage dauert einfach viel zu lange. Diese hier dargestellte Variante ist absolut dicht und nur darauf kommt es an.
Als nächstes mischen wir das Epoxydharz an und färben es mit schwarzer Farbpaste ein. Links im Hintergrund steht ein kleines Töpfchen mit rotem Etikett, das ist meine Farbpaste. Der Roller (Moltopren®, Schaumstoffroller) vorne rechts ist deutlich zu erkennen. Die Platte ist wie an der Farbe des Rollers sowie der Platte selber zu erkennen ist, bereits mit dem eingefärbten Epoxy eingerollt. Das schwarz eingefärbte Epoxydharz wird möglichst gleichmäßig verteilt. Man sieht sehr schön im Vergleich zum Rand, der immer noch weiß lackiert ist, dass die gesamte Fläche nun sehr dünn und gleichmäßig mit dem eingefärbten Epoxydharz benetzt ist. Mit etwas Erfahrung erkennt man allein aus dem Farbton, ob der Auftrag ausreichend ist oder nicht.
Natürlich vertrauen wir nicht allein dem Gefühl, sondern wiegen alle an der Harzpanscherei beteiligten Geräte (Roller, Pinsel) zusammen mit dem bereits angerührten Epoxy! Wenn alle Geräte wieder auf die Waage gestellt werden, weiß man auf 1g genau, wieviel Epoxy auf der Platte gelandet ist und die Farbe garantiert, dass der Auftrag wirklich gleichmäßig erfolgt ist. In diesem Fall hier befinden sich auf der 0,09m² (60x15cm²) großen Platte 8,0g Epoxy, rechnerisch sollten es 7,33g sein (60/40), da wir ein 110g/m² Gewebe tränken wollen. Trotz einer Waage im Zehntelbereich (200g max.) sieht man an der Farbe sehr viel besser, ob genügend Epoxy vorhanden ist. Die Waage ist nur zur Absicherung, dass wir keinen Mist bauen und eine Harzplanscherei veranstalten. Das fertige GFK-Laminat ohne Lackschicht wiegt 183,5g/m², bezogen auf unsere kleine Fläche wiegt das fertige Teil (16,5g+3g Lack) also 19,5g.
Das Einfärben des Epoxydharzes erleichtert also nicht nur das Arbeiten, sondern dient ganz wesentlich der Qualitätskontrolle während der Herstellung. Jeder kennt das Spiel, dass zum Randbogen hin das Harz ausgeht, obwohl man vorher alles genau ausgerechnet hat. Mit eingefärbten Harz und der besagten vollständigen Verbrauchskontrolle passiert so etwas einfach nicht. Also nicht vergessen: Die Epoxydharz-Wanne ist inklusive aller Arbeitsgeräte zu wiegen, um den Verbrauch exakt bestimmen zu können.
Hier noch einmal das Ganze aus einer anderen Perspektive: Rechts ist der Quark-Plastikbehälter zu sehen, der noch auf der Waage steht und sowohl zum Anrühren des Harzes sowie zum Tränken des Rollers als Mini-Wanne dient.
Nun wird in folgender Reihenfolge der weitere Aufbau bewerkstelligt:
Schritte 1 bis 3: Lagenaufbau. Man beachte, dass das Glasgewebe lediglich aufgelegt wird, nicht gerollert! Beim Rollern ergäbe sich wieder eine ungleichmäßige Tränkung, die es zu vermeiden gilt. Der Epoxy-Auftrag auf der lackierten Platte bringt ja gerade den Vorteil mit sich, dass das Harz absolut gleichmäßig verteilt ist! Am Glanz des noch nicht benetzten Glasgewebes erkennt man die Vorgehensweise. Durch das Vakuum und den damit verbundenen Druck saugt das Glasgewebe das Epoxy auf. Ließe man es so liegen, würde sich das Glasgewebe ganz langsam selber tränken, was einfach am Kapillareffekt liegt.
Man kann es natürlich wie immer im Leben auch übertreiben und das Epoxy zu dünn auftragen. Das Ergebnis ist dann natürlich Ausschuss, weil ein nur partiell getränktes Gewebe nicht zu gebrauchen ist! Diese hier beschriebene Methode bringt sehr gute Ergebnisse beim Superleichtbau. Aber wenn es nicht um die letzten 5g geht, stellt sich immer die Frage, ob es sich lohnt, dafür Ausschuss zu riskieren. Wir bewegen uns hier im Grenzbereich dessen, was man anstellen kann. Wer sich nicht sicher ist, rollert bitte wie gehabt sein Gewebe und arbeitet im letzten Gang mit Papier von der Küchenrolle, um den Harzüberschuss zu entfernen bzw. bei dickeren Laminaten mit Abreißgewebe, was den Überschuss absaugt.
Im Foto oben erkennt man vorne die Tapestreifen zum Glattziehen der PE-Folie, die Falten sowie das Verrutschen des Lagenaufbaus beim Absaugen sicher verhindert. Zwischen Vlies und Glasgewebe befindet sich diese PE-Folie, die ein Verkleben des Vlieses verhindert sowie eine einigermaßen glatte Oberfläche beim Glasgewebe erzeugt. Abreißgewebe ist hier unnötig, da diese spezielle Laminiertechnik lokalen Harzüberschuss verhindert. Darüber hinaus handelt es sich bei diesem Aufbau nur um eine einzige Lage Glasgewebe, so dass das Abreißgewebe gar nicht mehr abzuziehen wäre. Das Glasgewebe würde irreparabel beschädigt.
Schritt 5: Ringdichtung aus Silikon bzw. Acryl rings um den Lagenaufbau am Rand mit Hilfe einer Silikon-Pistole ziehen.
Man verwendet eine handelsübliche Montagepistole, wie man sie in jedem Baumarkt bekommt. Ein Tipp: achtet auf die Blechstärke am Pistolengriff, die muss ausreichend sein! Die billigen Pistolen - wie diese hier - neigen dazu, seitlich am Griff auszubeulen, wodurch man mitten bei der Arbeit plötzlich keinen Weg am Abzug mehr hat. Die Halterung biegt sich einfach nach vorne weg, indem sie seitlich ausbeult. Sehr nervig, wenn man ständig den Griff zurechtbiegen muss.
Schritt 5: Die PE-Folie ist auf das Silikon gelegt worden und wird am Rand überall leicht angedrückt, dass alles dicht ist. Man sieht an der (noch faltigen) Folie und Vlies sowie den noch nicht ausgeprägten Kanten, dass hier die Vakuumpumpe noch nicht angestellt wurde.
Schritt 6: Kurze Zeit später ist die Vakuumpumpe eingeschaltet, man erkennt deutlich den Unterschied zum vorherigen Bild. Rechts sieht man die Rolle Tesafilm auf der Rolle Vakuumdichtband liegen. Mit diesem Tesafilm wurde die erste Folienlage fixiert.
Auf diesem Bild erkennt man sehr schön, wie sich das Vlies unter dem Vakuum (0,35bar) durch die Folie hindurch abzeichnet. Das Vlies geht links mindestens bis zum Vakuumschlauch, aber am besten ein Stück weit über diesen hinaus. So stellt man sicher, dass sich das Vakuum überall gleich stark ausbildet. Jetzt heißt es nur noch 6-8h warten, bis die Vakuumpumpe abgeschaltet werden kann und 24h nach dem ersten Harzansatz ist die GFK-Platte fertig zum Entformen.
Diesen Artikel habe ich nicht dazu geschrieben, ein Kompendium zum Thema Laminiertechnik zu schreiben. Es sollen nur die handwerklichen Schritte im Handlaminierverfahren für extreme Leichtbauweise erläutert werden. Wenn ein Tragflügel oder Rumpf aufgrund von Delaminationen bricht und ein Modell deswegen verloren geht, war es die Sache nicht wert. Sicherheit geht stets vor! Neue Methoden probiert man erst an Test-Samples wie diesem hier aus und dann kann man sich an fliegendes Material wagen. Natürlich seid ihr für das, was ihr tut selbst verantwortlich. Handelt bitte in diesem Sinn verantwortungsvoll, wenn ihr ans Harz sparen geht. Dann werden die Flieger leichter und sind dennoch genauso hart wie zuvor.
PS: Die Negativformen im Hintergrund dieser Fotosession haben keine Funktion und wurden auch nicht als fotografisches Stilmittel verwendet. Ich war schlicht und einfach zu faul, sie wegzuräumen.
© Hartmut Siegmann 2003
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