Zum Thema Holmauslegung und -aufbau bitte dieses nette Bildchen rechts verinnerlichen (Abb. vom »Ariane Team« geklaut). Genau so muss prinzipiell der Holmgurt Aufbau aussehen: wenig Kohlefaser außen und zur Mitte hin progressiv zunehmend. Für Modelle der Klasse F3B sollten es allerdings schon 30-40 NF24 Rovings in der Mitte sein (Wurzeltiefe 240mm, RG-15, Spannweite 3m, Gewicht 2-4kg), sonst kann man bei Wind hübsche Zerplatzer am Seil beobachten.
Zwischen Unter- und Obergurt gibt es leichte Unterschiede zu beachten, weil die Druckfestigkeit von CFK geringer als die Zugfestigkeit ist. Das genaue Verhältnis hängt von dem Fasertyp ab, den ihr verwenden wollt. Beachtet bitte, dass die lose Faser eine weitaus höhere Zugfestigkeit aufweist, als der CFK Verbundwerkstoff. Professionelle Anbieter liefern euch diese CFK Unidirektional Verbundwerte mit Zug- und Druckmessung als Datenblatt mit, zum Beispiel mit L285 oder L20 als Matrix.
UHM-Rovings klingen von den Materialdaten her super, aber es gibt nur wenige Menschen auf dem Erdball, die es fertig bringen, mit solchen Rovings ein Modell zu bauen, das nicht in der Luft zerplatzt. IM-Rovings bieten den besten Kompromiss aus Materialeigenschaften wie Festigkeit, Bruchdehnung und Kerbempfindlichkeit, aber erfordern bereits gute Kenntnisse hinsichtlich der Konstruktion eines Holms. HT-Rovings wie die bekannten NF-24 oder UD-Bänder (HT) kann auch ein wenig erfahrener Modellbauer sicher verarbeiten, dass das Modell hält, was es verspricht. Mit Pinsel und Airgun sorgt man für eine perfekte Tränkung der Rovings und dann hält das HT-CFK, weil das Material kleinere Konstruktionsfehler verzeiht; die Kerbempfindlichkeit ist vergleichsweise gering. Es gibt beim Holmgurt keinen Materialmix. Die eine ausgewählte Fasertype muss so dimensioniert sein, dass sie allen Belastungen standhält. Das CFK mit dem höchsten E-Modul ist im Regelfall das für den Versagensfall dimensionierende Material.
Ausgehend von den Lastannahmen (z.B. Lastvielfaches +40/-20) berechnet man mit der Materialfestigkeit vom CFK das Roving Verhältnis zwischen Ober- und Untergurt in der Tragflügelmitte. Dann wendet man das Schema vom Diagramm an und fertig ist eine gute Vorauslegung der Holmgurte. Wenn man es exakt nachrechnet, kommt man meist nur auf eine 5-10 Prozent bessere Auslegung, was die Arbeitszeit angesichts der eingesparten sensationellen 25g im Regelfall nicht wert ist. Der Rest ist Erprobung, denn die exakten Kerbfaktoren für Faserverbundwerkstoffe in einem Tragflügelholm lassen sich im Modellbau zu vertretbarem Aufwand und Kosten nicht ermitteln. Hierzu gibt es zwar spezielle FEM Software, die aber den Kostenrahmen eines solchen Projekts um ein Vielfaches sprengt.
Wer seine Holmauslegung mit vertretbarem Aufwand berechnen möchte, dem ist das Excel-Sheet von Christian Baron sehr zu empfehlen, Link siehe unten.
Der ganze Holm inklusive Steg wäre idealerweise im Nass-in-Nass Verfahren herzustellen. Da aber niemandem so langweilig ist, denn das ist sehr aufwändig und erfordert mehrere Versuche, sollte man besser den Steg separat aufbauen, in Abreißgewebe einwickeln und aushärten lassen. Das Abreißgewerbe entfernen und schon hat man eine sehr gut präparierte Oberfläche für die Verklebung. Ich überziehe meine Balsa- bzw. Schaumkerne heute meistens mit C-Schlauch, das ist sehr gut und effektiv. Man kann natürlich auch komplett hohl aufbauen (auf einem Aluprofil z.B.), das ist mehr Geschmackssache. Auf die Unterschiede im Detail gehe ich hier nicht näher ein, weil es für unsere Zwecke akademischer Natur ist, hier geht es um den Holmgurt.
Das hier ist ein Praxisbeispiel für den Holmaufbau in der Negativform: Links liegt die Oberschale aus 1mm Balsa in der Negativform (kopfüber), in die bereits der Holmsteg aus Balsa/GFK eingebaut ist, rechts die Unterseite mit dem Holmgurt und den Servokabeln. Die Abstufung des Holmgurts nach außen ist gut zu erkennen und weicht erkennbar von dem oben angegebenen Schema ab. Warum? Die Æ-40 »Sexxy« hat zwei große Winglets und diese Strukturlasten müssen abgefangen werden. Deswegen sind außen mehr Rovings eingebaut, als das bei einem konventionellen Tragflügel der Fall wäre.
Dieser Pfeilflügel der V2 war endsturzfest und hat nicht geflattert. Den späteren Wettbewerbsflügel Æ-40 V3 habe ich mit Rohacell® 51 als Stützstoff gebaut. Das Material ist leicht, sehr spröde und altert schnell, insofern nutze ich heutzutage lieber Airex® oder wie in diesem Beispiel sehr leichtes Balsaholz. Die gelbe Farbe wird älteren Modellbauern bekannt vorkommen. Das Balsa war Ausschuss eines Spielzeug-Herstellers, für dessen Einsatzzweck das Balsa schlicht zu leicht und weich war - aber genau deswegen perfekt als Stützstoff geeignet ist.
Wie ich Positivstege aufbaue? Nun, entweder Nass-in-Nass oder eben separat in einer Helling. Den geschnittenen Schaumsteg schiebe ich zwischen zwei Aluprofile (15x15) und klebe sie mit Sekundenkleber auf die Spanplatte. Grund der Maßnahme: Der fertige Steg passt so perfekt in den Flügel, die Höhe stimmt exakt! Danach schleife ich je nach Bedarf 1-1,5mm vom Schaumkern oben und unten runter, damit Platz für den Schlauch ist. Ja, dann noch die Helling einwachsen, C-Schlauch über den Kern ziehen, Abreißgewebe drumwickeln und rein in die Helling. Ab mit dem Ganzen in den Foliensack und unter Vakuum (ca. -0,2 Bar) aushärten lassen. Heraus kommt ein perfekt gerader Holmsteg, der mit exakter Passung in den Flügel eingefügt werden kann.
Wer zwei- oder dreiteilige Tragflügel mit Holzbeplankung und Kohlefaser UD-Bändern (ca. 250-300g/m²) aufbaut, für den habe ich grobe Anhaltswerte für ein 3m Modell mit üblichen Profilen und Tiefen zusammengestellt:
Liebe Paranoiker des Dynamic Soaring bei Alpenföhnsturm am Tag des jüngsten Gerichts: Auch 100 UMS Rovings je Gurt (5x75) bringen nur so viel wie schwarze Gold-Zack® Unterhosengummis, wenn sie nicht durch einen ordentlichen Doppel-Holmsteg verbunden werden! Wie so etwas geht, wissen die Spezialisten im Hochleistungssport der Klassen F3B, F3F, F5B, F5F und F5D; einige Links zu Baudokumentationen habe ich unten angegeben. Es gibt unterschiedliche Konzepte, wie man mit Rovings oder UD Tapes einen Holm aufbaut, aber die notwendige Verbindung der Holmgurte durch einen oder mehrere Stege (vgl. F3B Modell »Estrella«) sollte man stets beachten. Die Torsionsschale aus HM-Diagonalgelege sei mit euch. Und nun gehet hin in Frieden...
© Hartmut Siegmann 1998-2016
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