Unterhalten wir uns mal kurz über das Design von Klappen am Flügel: Die Klappen sollten steif sein, am besten richtig steif. Ein Kohlefaserrohr (oder Alu) mit größtmöglichen Querschnitt als Ruderabschluß ist das absolute Maß der Dinge, was besseres gibt es nicht. Die Klappen sind dann wirklich bretthart, aber das ist noch nicht alles. Was sonst noch so beim Klappendesign zu beachten ist, wollen wir uns mal kurz anschauen.
Wir haben uns also entschlossen ein rundes Rohr einzubauen. Warum nutze ich das tolle Rohr nicht gleich für eine Hohlkehle als Ruderlager? Zwei Fliegen, 3 Klappen usw.. Kann man tun. Sollte man aber nicht tun. Schauen wir uns zunächst diese kleine Übersicht an, was es so gibt und welche Vor- und Nachteile die einzelnen Typen aufweisen. Auf die Details gehen wir weiter unten ein.
Wieso keine Hohlkehle? Hast Du Lust, demnächst von Deinem Kollegen am Hang beim nächsten Speedmeeting "Hero of Slope" mit Deinem nigelnagelneuen Modell von seiner Uraltkrücke abgehängt zu werden? Nein. Die Kiste Bier, die Du auf Dein neues Modell gewettet hast, wäre unwiederbringlich verloren. Also bau keine Hohlkehle ein, sondern die klassische Ruderaufhängung mit Tesafilm oder Elasticflap.
WARUM??? An der Hohlkehle strömt trotz aller Abdichtungsversuche so viel Luft durch, daß Dir spontan übel würde, wenn Du das sehen könntest. Zum Glück fliegst Du normalerweise ganz weit, ganz oben...
Wie wir darauf gekommen sind? Es war in den Alpen. Dohle 82T (Müller, spiegelglatt gebaut, Hohlkehle, Quadroflap) gegen Barracuda (Rödel). Gleich schnell!!! Wunder Nummer eins: HQ1,5/9 gegen E205. Abendliches Feintuning des Barracuda ergab: Drehbremsklappen, Kabinenhaube zutapen (Ruderspalte waren sowieso schon mit Dichtlippe versehen).
Nächster Tag: Knapp vor einem neuen Geschwindigkeitsweltrekord (sauschnell!!!) Höhenruder abgeflattert (Barracuda). Man könnte darüber diskutieren, ob es wirklich Sinn macht, ein Pendel-HLW hinter seinem aerodynamischen NP zu lagern... Abgesehen davon: Dohle stehen gelassen. Wie im Park: Opas Rollstuhl gegen Mountainbike. Wieso das ganze? Beim abendlichen Bier dämmerte uns die Erkenntnis: Der Spalt der Drehbremsklappe entspricht dem Spaltproblem bei der Hohlkehle. Alles klar?!? Deshalb niemals Hohlkehle.
Eine ähnlich steife Variante wie die Hohlkehle ist der Einbau von Balsastegen, die mit C-Schlauch umhüllt sind. Leider rutschen bei naß-in-naß Bauweise die Kerne sehr leicht auseinander. Es gibt einige Tricks, wie man das verhindern kann, aber meine Ergebnisse sind besser, wenn ich die Dinger vorher als Halbzeug herstelle und dann mit Teppichklebeband oder 5min Epoxi einklebe. Daher die Nachteile beim Bauaufwand. Diese Variante lebt im übrigen davon, daß die Stege nahezu quadratische Querschnitte aufweisen. Damit hat man zwei gekoppelte Elemente für die Steifigkeit: Ein geschlossenes Rohr und eine geschlossene Ruderklappe (Gleiches gilt für die Hohlkehle), daher die Vorteile in der Steifigkeit gegenüber der konventionellen Variante (4).
Eine weitere Variante ist der direkte Abschluß der Ruderklappe mit Glas- oder Kohlegewebe. Wenn man ganz schlau ist, baut beide Stege mit Hilfe eines Kohleschlauches auf, der später dann aufgesägt wird. Damit hat man den Einlauflippenbereich und beide Stege in einem Arbeitsgang hergestellt, ist was für ganz faule. Nein, die Idee ist zu gut, um von mir zu sein, ich kenne sie von Christian Behrens.
Was ich hier nicht erläutert habe, sind Elastik-Flap Konstruktionen via Abreißgewebe, Aramid (Kevlar) oder Silikon. Die sehen prinzipiell so aus wie die konventinellen Aufhängungen und haben ähnliche Steifigkeitsprobleme. Es kommt allerdings noch das Problem des vertikalen Auswanderns der Klappen hinzu, so daß die Breite des als Elatikflap wirkenden Bereiches nicht zu groß sein sollte. Damit ist leider auch die aerodynamische Güte wieder eher im Bereich der konventionellen spaltlosen Klappenaufhängung.
Hier hat man volle Freiheit, ob Spachtel, Holz oder einfach ein leichtes Rohr, in Längsstreifen geschnitten und anschließend mit 5min Epoxi angeklebt, hier kann man viel tun oder lassen. Letztere Variante ist sehr leicht, präzise und schnell zu montieren. Ich habe mir dazu zwei Negativformen (Halbrohr) mit 11mm und 7mm Radius aufgebaut, das reicht für die meisten Fälle. Benötigte Übergangsradien von etwa 5-13mm können damit optimal abgedeckt werden, die Abweichung fällt nicht groß auf.
In diese Negativform wird eine oder zwei Lagen 80er Gewebe eingelegt, nach Belieben lackiert oder eingefärbt, fertig. Dann in Streifen der benötigten Breite schneiden. Diese Streifen klebe ich mit 19er Tesa an der Klappe fest und teste die Endanschläge. Stimmt alles, schlage ich die Lippe zur Klappe hin um und streiche in die Ecke passend eingefärbtes 5min Epoxy. Dann klappe ich die Lippe wieder in ihre alte Position zurück und führe sie in den Einlaufbereich des Flügels. So härtet das aus, ich teste laufend die Funktion wärend der Härtezeit, daß vor allem beim Wiedereinlaufen von großen Ausschlägen kein Verhaker passieren kann! Damit hat man eine wirklich schnell und perfekt eingepaßte sauber arbeitende Lippe.
Elektroflieger sollten ernsthaft überlegen, ob nicht Tesatape alleine genügt, weil es leichter wirklich nicht geht. Bei meinen kleinen E-Flitzern habe ich damit sehr gute Erfahrungen gemacht, bei den F3 Modellen kann ich es nicht empfehlen, dazu ist die zu überbrückende Bogenlänge zu lang. Aufgedoppeltes Tesa ist nur ein Tipp für kurzlebige F3 Prototypen, bei den Einsatzmodellen sollte eine ordentliche Lippe drin sein.
Eine im Schnellflug herausgesaugte Tesalippe kann zu Klappenflattern führen, was Flattern des Tragflügels induzieren kann. Ich selbst habe das bei einem Modell einmal am Hang gesehen, innerhalb von nur 2 Sekunden hing nur noch eine Trümmerwolke in der Luft - wo kurz zuvor noch das Modell war! Das Modell hatte sich komplett zerlegt. In einem anderen Fall war die GFK-Lippe zu kurz und hat das Querruder im Endanschlag fixiert. Auch das bedeutete das Ende des Modells. Also stets sorgfältig bei den Einlauflippen arbeiten!
© Hartmut Siegmann 1998-2001
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