Verwindung
Schnell überprüft
Wir stehen auf dem Flugplatz, unser Modell nervt und wir bekommen Sehnsucht
nach unserem Küchentisch. Motorhauben und Autodächer sind leider
alle krumm, wir bräuchten einen Oldtimer aus den 20ern. Dafür
könnten wir aber rund 50 Ellipsen kaufen, keine wirklich gute Relation
für so ein paar poplige Verwindungsprobleme. Die Sonne ist bestimmt
schuld, aber so genau wissen wir das nicht. Leider. Was können wir
tun? Optisch peilen. Klingt schlimmer als es ist. Dabei sehr einfach und
nach einiger Übung sowas von exakt, daß es fast schon illegal
ist. Außerdem können wir unser Meßwerkzeug nicht vergessen
(sehr wichtig!) und es wiegt noch nichtmal was.
Prinzip
Wir schauen von hinten (also von der Endleiste aus) unseren Flügel
an. Jetzt peilen wir die Wurzelrippe so ein, daß die Profilunterseite
gerade so eben nicht zu sehen ist (Bild1). Rechts und links vom Rumpf
sollte gleichzeitig die Unterseite verschwinden, wenn wir langsam um die
Querachse (HR) drehen. Bereits hier werden die meisten Piloten von zweiteiligen
Modellen erschrecken und sich wundern, wie ihr Modell bisher geradeaus
fliegen konnte...
Jetzt halten wir das Modell exakt in dieser Position und lassen unsere
Augen langsam und dann immer schneller von der Wurzelrippe bis zum nächsten
Referenzpunkt wandern. Das kann alles sein, was an beiden Flügeln
symmetrisch gleich ist (Querruder, V-Form, Knicke). Immer wieder durch
Wackeln die Wurzelrippenpeilung prüfen. Dann wandern die Augen auf
den anderen Flügel, dasselbe Spiel.
Anschließend lassen wir unsere Augen vom linken zum rechten Referenzpunkt
langsam und dann zunehmend schneller wandern und wackeln ein wenig um
die Querachse, im Augenwinkel erkennen wir ganz gut, ob die Wurzelrippenpeilung
noch steht. Nach ein bißchen Übung sehen wir jetzt sofort,
wenn was asymmetrisch ist. Bingo! Volltreffer.
Bei Mehrfach-V-Form müssen wir die Außenflügel jeweils
separat peilen, das erfordert wirklich etwas Erfahrung, aber das haben
wir auch bald raus. Was viel wichtiger ist: Erst die Mitte, dann die Außenflügel
checken, bei einer krummen Mitte können die Außenflügel
sowas von identisch sein, das hilft nichts...
Der einzige Einwand gegen dieses Verfahren, den ich argumentativ akzeptiere,
ist die Tatsache, daß das Verfahren nicht taugt, wenn wir sternhagelbreit
sind, weil bei den schnellen Augenbewegungen unser Gleichgewichtssinn
Heimweh bekommt... Aber in dem Zustand sollten wir ohnehin besser woanders
sein...
Bild 1: Symmetrische Verwindung
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Bild 2: Asymmetrische Verwindung
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Verwindungsfehler
Bei den beiden Bildern ist die Wurzelrippe korrekt eingepeilt (Oberseite
weiß, Unterseite schwarz), die Leitwerkler mögen den auch noch
von hinten dargestellten Schwanzlosen entschuldigen...
Bild 1: Es ist alles prima, die Außenflügel haben
eine geringere Anstellung als die Wurzelrippe und das ist auch noch symmetrisch.
Bild 2: Einer der zu vermeidenden Katastrophenfälle, der
rechte Flügel hat im Innenbereich eine größere Anstellung
als der linke. Preisfrage: Wohin erfolgt der Abkipper? Richtig, nach rechts!
Das hätten wir also spätestens im Flug festgestellt, daß
die Kiste immer nur nach rechts abkippt und im Schnellflug leicht nach
links rollt.
Ein sensibler Leitwerklerpilot stellt Asymmetrie schon fest, wenn er
mit geschickter Hand einen wirklich exakt symmetrischen Seitenruderausschlag
eingestellt hat und sich über die asymmetrische Ruderreaktion wundert.
Aber Seitenruder sind eh nur was für Anfänger, wir fliegen ja
nur mit Querruder und dickem Motor, wir können das .
Gut, dann nicht. War ja auch nur ein kleiner Hinweis...
© Hartmut Siegmann 2000
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